NDvom 13.8.05Ein Masterplan ist nicht notwendig Ulrich Brand ist auf die Suche nach Bausteinen für eine oppositionelle Bewegung gegangen Von Peter Nowak Kritik am »Neoliberalismus« und den Folgen der Globalisierung ist längst zum Dauergeräusch in der linken Ecke geworden. Doch was folgt aus der oft theatralisch vorgetragenen Anklage? Ulrich Brand hat einen Versuch unternommen, diese Frage zu beantworten. Wo gibt es Risse im Gebälk des »Neoliberalismus«? Die Zahl der Debatten, die sich dieser Frage widmen, haben wieder zugenommen - nicht nur auf dem ersten deutschen Sozialforum Mitte Juli in Erfurt. Ulrich Brand von der Uni Kassel und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac, hat in seinem Buch »Gegen-Hegemonie - Perspektiven globalisierungskritischer Strategien« einige Bausteine für die Diskussion geliefert. Dabei handelt es sich weder um eine wissenschaftliche Abhandlungen, was der Titel »Gegen-Hegemonie« nahe legt, noch richtet sich das Buch lediglich an Globalisierungskritiker. Schließlich ist die Abgrenzung auch nicht so einfach, zumal gerade Attac in den letzten Jahren mit ihrem Engagement in der Antikriegsbewegung und der Bewegung gegen die Agenda 2010 ein umfassenderes Oppositionsverständnis entwickelt hat. Brand und seine zwei Koautoren, der emeritierte Frankfurter Politologieprofessor Joachim Hirsch und der Wissenschaftler Christoph Görg richten sich in 16 Aufsätzen denn auch an einen breitere Leserkreis. Nach dem Neoliberalismus Mit den italienischen Philosophen Antonio Gramsci geht es Brand um die Herstellung einer Gegenhegemonie, die sich eben nicht bloß im Ruf nach besseren Politikern und auch nicht in der viel strapazierten Forderung nach einem »Politikwechsel« erschöpft. Von dem griechisch-französischen Intellektuellen Nicos Poulantzas übernimmt Brand die Vorstellung vom Staat als soziales Verhältnis, in dem sich die Kräfteverhältnisse zwischen Klassen und anderen politischen Akteuren verdichten. Aktuelle politische Inspiration kommt für Brand aus dem Süden Mexikos von der zapatistischen Bewegung. Kritisiert werden nicht nur herrschende Politikmodelle sondern auch oppositionelle Konzepte. So werden keynesianische Wirtschaftsmodelle - wie sie auch wieder in der Linkspartei populär sind - ebenso einer Kritik unterzogen, wie das in der Umweltbewegung vieldiskutierte Nachhaltigkeitskonzept oder die Entwicklungsdebatte über »Global Governance«. »Nach dem Neoliberalismus« heißt das letzte Kapitel, dass sich den Alternativen widmet. Zu den aufgeführten Vorschlägen zählt auch der in Kreisen der Rosa-Luxemburg-Stiftung diskutierte Ansatz der »transformatorischen Reformen«. Einen anderen Weg geht die Arbeitsgruppe »links-netz« aus Frankfurt (Main), die über Modelle einer Sozialpolitik jenseits der Vollbeschäftigung diskutiert. Auch über diesen Kapitel könnte die zentrale These des Autors stehen: Es gibt viele Vorschläge - ein Masterplan ist nicht notwendig.« Auseinandersetzung statt Handlungsanleitung Wer einen solchen von dem Buch erwartet und eine klare Handlungsanleitung für oppositionelle Bewegungen vorgesetzt bekommen will, wird von »Gegenhegemonie« enttäuscht sein. Wer sich aber von kritischen Auseinandersetzungen mit herrschenden wie oppositionelle Politikkonzepten anregen lassen will, wird es mit Gewinn lesen. Ulrich Brand: Gegen-Hegemonie Perspektiven globalisierungskritischer Strategien, VSA-Verlag Hamburg 2005, 224 Seiten, 13,80 Euro |