ND 13.05.05Anklage ging baden Der Bademeister schmollt: Freispruch mit Auflagen für Berliner Umsonst-Aktivisten Von Peter Nowak »Hiermit ist die Vollversammlung Schwimmbad-Solidarität eröffnet.« Mit diesen Worten startete der Politaktivist Markus Mohr am Mittwoch vor dem Berliner Amtsgericht in einen Prozess, der schnell Züge eines Kabaretts annahm. Dabei sollte über eine ernste Sache verhandelt werden. Am Ende stand ein Freispruch. Die Geschichte beginnt im Juli 2002: Vor dem Berliner Prinzenbad wird bei einer Kundgebung gegen die Erhöhung der Eintrittspreise zum »Gratisbaden« aufgerufen. Markus Mohr, der sich wie viele andere an der Aktion beteiligt, wird nach einer kleinen Rangelei mit Badenmeister und Sicherheitsdienst festgenommen. Und weil der Politaktivist ein Megafon bei sich hatte, macht ihn die Polizei kurzerhand zum Rädelsführer eines »schweren Landfriedensbruches«. Wegen seiner Beteiligung an der Umsonst-Kampagne musste Mohr sogar zwei Wochen in Untersuchungshaft. Am 28. April war er verhaftet worden, um, wie es hieß, sein Erscheinen in dem Verfahren zu gewährleisten. Dabei hatte Mohr gar nicht vor, sich dem Prozess zu entziehen. Im Gegenteil: Beim ersten Prozesstermin drängten sich neben Mohr noch zahlreiche andere Aktivisten auf der Anklagebank - nach dem Motto »angeklagt ist einer, gemeint sind wir alle«. Wegen des folgenden Durcheinanders wurde der Prozess unterbrochen und der Gerichtssaal geräumt. Auch der Angeklagte wurde an die Luft gesetzt. Als der Prozess wieder aufgenommen wurde, fehlte Mohr - und die Behörden hatten den Grund für ihren Haftbefehl. Doch auch beim zweiten Prozesstermin kam man nicht recht voran. Weil der Richter eine Schulklasse eingeladen hatte, mussten alle anderen Besucher draußen bleiben. Der Angeklagte und seine Verteidiger sahen den Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt und stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Richter, der aber abgelehnt wurde. Am dritten Prozesstag in dieser Woche sollten nun plötzlich wieder alle zu Wort kommen. Davon machte Mohr mit einem durchaus witzigen Streifzug durch die Geschichte des Prinzenbads regen Gebrauch. Am Ende bedankte sich der Richter für die historischen Ausführungen - und sprach Mohr gegen die Auflage, 600 Euro an eine gemeinnützige Organisation zu zahlen, frei. Selbst die Staatsanwältin, die zuvor noch von einer aggressiven Demonstranten-Masse vor dem Prinzenbad gesprochen hatte, machte gute Miene zum juristischen Spiel. Nur der Bademeister des Prinzenbades zeigte sich bockig: Als der Anwalt der Verteidigung dem Zeugen Presseartikel vorhielt, in denen er mit Beschimpfungen der Demonstranten - »asoziales Pack« - zitiert worden war, lehnte er jede Entschuldigung ausdrücklich ab. Umsonst ins Prinzenbad? Das hält keine Bademeister-Ehre aus. |