Luxemburger Linke15.02.05in Istanbul verhaftet Wiener Menschenrechtlerin in Istanbul verhaftet Türkische Behörden wollen unabhängige Prozeßbeobachtung verhindern Eine böse Überraschung erlebte die Menschenrechtsaktivistin Sandra Bakutz am Donnerstag bei ihrer Ankunft in Istanbul. Kaum war sie auf den Atatürk-Flughafen gelandet, wurde sie von der Polizei verhaftet. Mittlerweile ist sie in ein türkisches Gefängnis gebracht worden. Die türkische Justiz hatte gegen die in Wien lebende 30jährige Frau einen Haftbefehl erlassen, weil sie angeblich Mitglied in der Türkei verbotenen linken Organisation DHKP/C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei/Front) sein soll. Die DHKP/C ist auf Druck der USA und der Türkei in einigen Ländern der EU verboten, arbeitet jedoch völlig legal in Österreich, Griechenland, Belgien, den Niederlanden und verschiedenen anderen Ländern. Mehrere deutsche und österreichische Menschenorganisation haben sich mittlerweile mit Protestbriefen an die türkischen Behörden gewandt und die sofortige Freilassung von Bakutz gefordert. Sie sehen in ihrer Verhaftung eine Einschüchterung von Personen, die sich kritisch mit der Menschenrechtssituation in der Türkei auseinandersetzen. Schließlich hat sich die Wienerin seit Jahren für politische Gefangene in der Türkei eingesetzt. Auch ihre aktuelle Reise stand damit in Verbindung. Laut einer Meldung der österreichischen Nachrichtenagentur APA ist Sandra Bakutz als Privatperson in die Türkei gereist. Dort soll angeblich bereits seit längerer Zeit ein Haftbefehl gegen sie vorliegen. Nach Informationen der Wiener Anwältin Gabriele Vana wurde Sandra Bakutz schon im Flugzeug von Beamten der türkischen Sicherheitsbehörden festgenommen. Sie wollte als Mitglied einer internationalen Delegation von Beobachtern an einem Prozeß gegen politische Oppositionelle teilnehmen, der in diesen Tagen in Istanbul stattfindet. Vor Gericht stehen Juristen, Journalisten und Mitglieder der Gefangenenhilfsorganisation TAYAD. Auch ihnen wird Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Organisation zur Last gelegt wie jetzt Bakutz. Am Montag begann der zweite Verhandlungstag. Den Beginn des Verfahrens Ende Oktober 2004 hatten zahlreiche Juristen und Journalisten aus Deutschland, Griechenland, Großbritannien und Frankreich beobachtet. Sie berichteten im Anschluß in ihren Heimatländern kritisch über das Verfahren und warfen der türkischen Justiz gravierende Rechtsverstöße vor. Menschenrechtler befürchten, daß die türkischen Behörden mit der Verhaftung von Bakutz ein Exempel statuieren und Prozeßbeobachter davon abhalten wollen, die Situation der Menschenrechte vor Ort zu beobachten. Zumindest bei diesem Prozeßtermin haben die Behörden ihr Ziel schon erreicht. Mehrere Freie Radios hatten Interviewtermine zu dem Verfahren mit der Wienerin schon fest eingeplant, die jetzt ausfallen müssen. Sandra Bakutz ist Internetjournalistin und Menschenrechtsaktivistin und beschäftigt sich im besonderen mit Verfahrensmängeln und rechtsstaatlichen Defiziten in der türkischen Rechtssprechung. Kürzlich hat sie über Anti-EU-Aktivitäten türkischer Jugendlicher berichtet. Ihre Beiträge erscheinen unter anderem auch in der Berliner Tageszeitung Junge Welt. Sandra Bakutz kann weder die in Österreich völlig legale Mitgliedschaft in der DHKP/C nachgewiesen werden, noch sonst eine Straftat. Ihr einziges »Verbrechen« war es, eine politische Meinung zu haben und sich für diese zu engagieren.
Peter Nowak |