ND vom 19.09.05Muss Knut Folkerts erneut hinter Gitter? Niederlande suchen Ex-RAF-Mann per Haftbefehl Von Peter Nowak Seit Einführung des Europäischen Haftbefehls interessiert sich die niederländische Justiz erneut für das frühere RAF-Mitglied Knut Folkerts. Er war im Nachbarland 1978 verurteilt, aber ohne Strafverbüßung an an Deutschland ausgeliefert worden. In die Niederlande wird der 53-Jährige in nächster Zeit sicher nicht reisen. Dort wird nämlich mit Haftbefehl nach ihm gesucht. Jetzt könnte er womöglich auch in Deutschland inhaftiert werden. Denn seit einigen Wochen liegt dem baden-württembergischen Justizministerium ein Rechtshilfeersuchen der Niederlande vor. Wird ihm stattgegeben, müsste Folkerts womöglich eine Haftstrafe absitzen, zu der er im Nachbarland verurteilt worden war. Folkerts hatte sich in den 70er Jahren der »Rote Armee Fraktion« angeschlossen. Bei seiner Festnahme am 22. September 1977 kam es in Utrecht zu einem Schusswechsel, bei dem Folkerts schwer verletzt wurde und der Polizist Arie Kranenberg starb. In den Niederlanden wurde Folkerts 1978 zu 20 Jahren Haft verurteilt. Doch die dortige Justiz verzichtete damals auf die Vollstreckung und lieferte Folkerts nach Deutschland aus. Hier wurde er wegen RAF-Mitgliedschaft, Mord und illegalen Waffenbesitz zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Die Bundesanwaltschaft warf Folkerts vor, an der Ermordung des Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seiner Begleiter beteiligt gewesen zu sein. Nach 18 Jahren Haft ist Folkerts 1995 aus dem Gefängnis entlassen worden und lebt seitdem in Hamburg. Dass sich die niederländische Justiz jetzt wieder für ihn interessiert, hat auch mit dem Europäischen Haftbefehl zu tun, der auch die Auslieferung deutscher Staatsbürger an die Justiz anderer EU-Staaten möglich macht. Erst seit seine Anwendung kürzlich vom Bundesverfassungsgericht ausgesetzt wurde, wird auch die Möglichkeit geprüft, dass Folkerts die 1978 verhängte Strafe in einer deutschen Strafvollzugsanstalt verbüßt. Darauf drängt vor allem die Witwe des Polizisten. Sie hat mit ihrer Kampagne für die weitere Bestrafung von Folkerts bereits viele niederländische Boulevardzeitungen auf ihrer Seite. Doch die Entscheidung über Folkerts Zukunft dürfte für die Justiz nicht einfach sein. Die 20-jährige Strafe in Holland ist durch die nachfolgende Verurteilung zu lebenslänglich abgegolten, argumentieren einige Juristen. Nach einer andere Rechtsauffassung handelt es sich um zwei getrennte Urteile wegen unterschiedlicher Straftaten, aus denen allenfalls eine Gesamtstrafe gebildet werden könnte. Würde sich diese Lesart durchsetzen, hätte Folkerts womöglich noch eine Freiheitsstrafe zu verbüßen. Von ihm selbst gab es bisher keine öffentliche Reaktion auf die ihm drohende erneute Inhaftierung. |