Linkszeitung03.10.05Rom verhindert Irak-Konferenz von Kriegsgegnern «Sie setzten ihm erneut die Kapuze auf» Von Peter Nowak Es war eine Konferenz mit weltpolitischer Ausstrahlung geplant. Am ersten Oktoberwochenende sollten im Rahmen einer Internationalen Irakkonferenz erstmals Vertreter verschiedener irakischer Gruppierungen, die in Opposition zur US-Intervention stehen, gemeinsam auftreten. Führende schiitische und sunnitische Geistliche hatten ebenso ihre Teilnahme in der italienischen Hauptstadt zugesagt, wie ein Vertreter einer Strömung innerhalb der irakischen kommunistischen Partei, die im Gegensatz zur Parteiführung die Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung ablehnt. Bisher sind die Vertreter der unterschiedlichen Oppositionsströmungen im Irak nie gemeinsam aufgetreten.Doch das ambitionierte Treffen kam vorerst auch nicht zustande. Die italienische Regierung hat den irakischen Oppositionsvertretern die Einreise verweigert. Es handle sich bei den irakischen Gästen um "Hassprediger", die die nationale Sicherheit Italiens gefährden könnten, lautete die Begründung aus dem vom Chef der rechtsnationalen Allianza Nazionale Gianfranco Fini geführten Außenministerium. Zuvor war in den USA Kritik an der geplanten Irak-Konferenz laut geworden. 44 Mitglieder des US-Kongresses haben in einem Brief an die italienische Regierung gegen die Konferenz auf dem Boden Italiens interveniert. Seit der Visaverweigerung rissen die Proteste vor dem zuständigen italienischen Außenministeriums nicht ab. Anfang September traten sieben Aktivisten der Konferenzvorbereitungsgruppe sogar in einen Hungerstreik, um die Visaerteilung doch noch zu erzwingen. Am 14.September wurde der Hungerstreik mit einer Erklärung beendet: Zwar sei die Erteilung der Visa nicht erreicht worden. Doch mit den Protesten sei es gelungen, eine große Öffentlichkeit herzustellen. Die Konferenz wurde zunächst auf bestimmte Zeit verschoben. Stattdessen traf man sich am Sonntag zu einem internationalen Protesttreffen in der Universität von Rom. Daran nahmen unter anderem der schwedische Schriftsteller und Soziologe Jan Myrdal und John Catalinotto vom International Action Centre aus den USA teil. Doch der prominenteste Referent konnte nicht kommen: Haj Ali, der als Folteropfer von Abu Ghraib unfreiwillig für Schlagzeilen sorgte, war eingeladen worden und hatte zugesagt. Die Visumserteilung für Haj Ali hatten die Konferenzorganisatoren als Erfolg der Proteste der letzten Wochen verstanden. Doch in letzter Minute wurde auch Haj Ali ein Visum mit der Begründung verweigert, dass er in Jordanien, wo nach seiner Freilassung aus Abu Ghraib lebt, keinen festen Wohnsitz habe. Er müsse sich in Bagdad um ein Visum bemühen, wurde er in der italienischen Botschaft in Amman beschieden. Doch die Botschaft in Bagdad befindet in der von US-Militärs kontrollierten Sicherheitszone. Sich dort aufzuhalten, hieße für den prominenten Folter-Zeugen, sich in Lebensgefahr zu begeben. Schließlich wäre es in Bagdad dieser Tage nicht schwierig, ein Attentat zu inszenieren. Die Konferenzorganisatoren haben denn auch mit Empörung reagiert: "Die Behörden haben Haj Ali erneut die Kapuze aufgesetzt" schrieben sie mit dem Verweis auf die übergestülpte Kapuze auf den Fotos von Abu Ghraib, die vor einigen Monaten weltweit für Empörung sorgten. In den nächsten Wochen soll die Bemühungen um ein Visum für Haj Ali weitergehen. Eine Rundreise mit dem wohl prominentesten Gefangenen von Abu Ghraib ist aber bereits geplant. |