ND 25.05.05Gefahr für die Uni-Bildung? Björn Kietzmann zu den Folgen der Hochschulreform in Europa Der hochschulpolitische Referent am AStA der FU Berlin hat die Proteste gegen die europäische Bildungsministerkonferenz mitorganisiert. ND: Am vergangenen Wochenende protestierten Studierende aus ganz Europa in Bergen gegen den so genannten Bologna-Prozess in der europäischen Bildungspolitik. Wogegen richtet sich der Protest? Kietzmann: Beim Bologna-Prozess handelt es sich um ein Abkommen von inzwischen 45 europäischen Ländern. Dieses wurde 1999 in Bologna auf den Weg gebracht und soll bis zum Jahr 2010 abgeschlossen sein. Ziel ist es, die Studienbedingungen zu vereinheitlichen und aus Bildung eine standardisierte und vor allem exportfähige Ware zu machen. Inzwischen werden die ersten Auswirkungen des Prozesses an den Hochschulen deutlich. Die meisten Studiengänge werden verschulter und erste Bundesländer sorgen dafür, dass nur noch ein geringer Anteil der Studierenden nach einem Bachelor-Kurzstudium weiter an den Hochschulen studieren darf. Läuft die von Ihnen kritisierte neoliberale Bildungspolitik nicht auch ohne die Europäisierung? Ja, durchaus, aber viele Regierungen nutzen nun den Bologna-Prozess, um diese Reformen umzusetzen. Mit einem Kampf ausschließlich gegen den Bologna-Prozess ist niemandem geholfen. Jedoch hilft es uns auch nicht, wenn nur vor Ort gegen die Umsetzung gekämpft, aber der Prozess als solcher unangegriffen bleibt. Es gab in Bergen Studierende, die den Bologna-Prozess kritisch begleiten wollen und andere, die ihn total ablehnen ... Es ist für mich schwer nachvollziehbar, warum einige Gruppen lediglich Details des Prozesses oder der Umsetzung kritisieren. Der Prozess insgesamt hat eine klare kapitalistische Ausrichtung. Die Bildungsministerinnen und Bildungsminister machen kein Geheimnis daraus, dass sie die Schaffung des wettbewerbsfähigsten Hochschulraums der Welt anstreben. Ein besonderes Problem ist, dass sich einige Studierende direkt gestalterisch am Bologna-Prozess beteiligen. Studierende des von der EU mitfinanzierten europäischen Studierendenverbandes »esib«, dessen deutsches Mitglied der »freie zusammenschluss von studentinnenschaften« (fzs) ist, sitzen als Partnerorganisation innerhalb der Konferenz. Diese Partnerschaft führt dazu, dass immer wieder darauf gepocht wird, dass schließlich auch Studierende mit im Boot sitzen und wir uns deshalb doch bitte nicht so anstellen sollen. Sind weitere Protesten geplant? Größere Proteste gegen Bildungs- und Sozialabbau wird es auch am 2. Juni geben. An diesem Tag wird in Potsdam, Dresden, Halle, Frankfurt am Main, Kassel und in Hannover protestiert. Werden die aktuellen Proteste länger anhalten als vergangene Aktionen? So etwas ist schwer vorherzusagen. Proteste müssen sich entwickeln und können nicht einfach ausgerufen werden. Nicht unwichtig ist es jedoch, die Legitimation des Bologna-Prozesses zu schwächen. Dies kann dadurch erreicht werden, dass der fzs aus »esib« oder lokale Studierendenvertretungen aus dem fzs austreten. Aber auch die Mitwirkung einzelner Gewerkschaften am Bologna-Prozess sollte durchaus kritischer hinterfragt werden. Und wie wollen die radikalen Bologna-Kritiker weitermachen? Einige Gruppen haben am Wochenende auf dem zweiten »European Education Forum« eine den Bologna Prozess ablehnende Resolution erarbeitet. Diese kann auf unserer Homepage (www.astafu.de) angesehen werden. Sie kann sowohl von Gruppen als auch von Einzelpersonen unterschrieben werden. Fragen: Peter Nowak |