ND vom 4.8.05Ehrung eines Schein-Heiligen Prekarius-Jünger nutzen romtreues Papst-Event für kreativen Protest Von Peter Nowak Zehntausende Katholiken aus aller Welt werden am 19. August in Köln zum Weltjugendtag erwartet. Auch der Papst will kommen. Der könnte mit einer Forderung konfrontiert werden, die ihm gar nicht gefallen dürfte. Die »Anhänger des Heiligen Prekarius« haben ihre massenhafte Teilnahme an dem frommen Event angekündigt. Die Idee des Weltjugendtags stammt noch von Johannes Paul II. Entsprechend klar konservativ ist das Profil der Veranstaltung: Gottesdienste und Glaubenslehre sind die Schwerpunkte. Das Motto des diesjährigen Weltjugendtages ist letztlich Programm aller Weltjugendtage: »Wir sind gekommen, um IHN anzubeten«. Für das fromme Spektakel sind rund 100 Millionen Euro veranschlagt. 40 Prozent kommen von Pilgern, sagt Hermann-Josef Johanns, Geschäftsführer der Weltjugendtag gGmbH, 30 Prozent zahlen die deutschen Bistümer, 15 Prozent kämen aus Spenden, Sponsoring und Merchandising. Vom Bund kommen 7,5 Millionen Euro, vom Land Nordrhein-Westfalen drei Millionen, Köln zahlt 1,5 Millionen und die EU 1,5 Millionen Euro. So manche Katholiken lassen das Treffen buchstäblich links liegen. Eine Gruppe aus Trier fährt in der Zeit lieber nach Kuba, statt in Köln dem Papst zuzujubeln. Doch manche kommen auch nach Köln - trotz des romtreuen Programms. »Mehrere tausend Anhänger zur Verehrung des kontroversen Heiligen St. Prekarius werden während des Weltjugendtages erwartet«, ist Jürgen Starke, Sprecher der Prekarius-Jünger, überzeugt. Der Prekarius-Mythos orientiert sich an einer realen Figur, dem Bauernsohn Pedro Lentini, der im 15. Jahrhundert lebte und seit dieser Zeit von der ärmeren Bevölkerung Italiens als Schutzheiliger der Entrechteten geehrt wird. Nur findet sich bisher ein solcher Heiliger nicht in den Kirchenbüchern. Heiliggesprochen wurde Prekarius am 1. Mai 2004 in Mailand im Rahmen des Euro-Mayday. Da die Zahl der Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen in ganz Europa wächst, haben auch die Euro-Maydays in ganz Europa an Attraktivität gewonnen. Bei diesen Demonstrationen werden oft Bilder oder Statuen des Heiligen Prekarius mit Arbeiteroverall und Heiligenschein mitgetragen. Die Aktionen haben vor allem in Italien und Spanien großes Aufsehen in den Medien erregt und der Protestbewegung viel Zulauf gebracht. Trotz des Hamburger Pilotprojektes steckt die Bewegung in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Jetzt hoffen die Anhänger des rebellischen Schein-Heiligen, dass der Funke auch auf Deutschland überspringt. In Köln sind verschiedene Aktionen in der Tradition des kreativen Straßenprotests geplant, die allesamt unsichere Arbeitsverhältnisse und soziale Ungerechtigkeit zum Thema haben. Das Ereignis des Weltjugendtages scheint den Prekarius-Fans ein gutes Forum. Von der hierarchiekritischen Bewegung »Kirche von unten« kam Zustimmung für die Aktion, erzählt Starke. Er ist überzeugt, dass viele junge Christen dieses Anliegen unterstützen. Schließlich sind viele Teilnehmer selbst von prekären Arbeitsverhältnissen oder Arbeitslosigkeit betroffen. Von der Amtskirche erwarten die Prekarius-Jünger allerdings nicht viel. »Die offiziellen kirchlichen Stellen des Weltjugendtags haben leider in der Vergangenheit deutlich gezeigt, dass sie eher an einer weiteren Prekarisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse interessiert sind«, so Starke gegenüber ND. |