ND vom 1.8.05Tanz in den Gen-Mais Polizei verhindert Feldzerstörung / Ökobauern befürchten Pollenflug Von Peter Nowak Die Initiative »Gendreck weg« will trotz Kritik von Grünen und Umweltschützern ein Feld mit gentechnisch verändertem Mais im Kreis Märkisch-Oderland zerstören. Das bekräftigte ein Sprecher der Initiative am Samstag in Potsdam. »Strausberger sind dafür bekannt, dass sie ihre Konflikte ohne Gewalt lösen. Daher werden wir auch am Sonntag keine Gewalt zulassen«, stellte der Strausberger Bürgermeister Hans-Peter Thierfeld am Samstagabend klar. Knapp 150 Menschen hatten sich auf einer großen Wiese in Strausberg-Ruhlsdorf zur Auftaktveranstaltung zum bundesweiten gentechnikfreien Wochenende versammelt. Höhepunkt sollte die für gestern angekündigte Zerstörung eines Feldes mit gentechnisch veränderten Mais in Strausberg-Hohenstein sein. Und im Strausberger Stadtteil Hohenstein herrscht am Sonntagnachmittag Ausnahmezustand. Anlass waren rund 450 Demonstranten, die sich ab 14 Uhr in Strausberg Ruhlsdorf zur »Feldbefreiung » aufgemacht hatten. Die Polizei versuchte mit einem Großaufgebot, dies zu verhindern. Hubschrauber dröhnten über den Köpfen, Polizeiautos standen an jeder Ecke oder versuchten zu Pferde Gentech-Gegner aufzuspüren. Doch die Polizei stoppte die Demonstranten kurz vor dem Acker. Die Stimmung war trotzdem gut, denn Demonstranten war es doch gelungen, etliche Gen-Mais-Pflanzen des Ackers auszureißen. Die Beute wurde auf dem Platz wie die Ankommenden mit Jubel empfangen. Immer wieder suchten sich die Demonstranten in kleinen Gruppen einen Weg zum Acker, ständig von der Polizei verfolgt. Die Aktion hat seit Wochen für Aufsehen gesorgt. Am Freitag hatten die Bundes-Grünen eine Zerstörung des Feldes als kontraproduktiv abgelehnt. Auch der Deutsche Bauernverband, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Bauern der gentechnikfreien Region Barnim-Uckermark hatten sich gegen eine Zerstörung gewandt. Schließlich musste die Initiative »Freiwillige Feldbefreiung« Teile des Aufrufes im Internet löschen, um eine Anzeige wegen Aufruf zu Straftaten zu verhindern. Die Aufregung um die Aktion »Tanz in den Mais« hat den Initiatoren aber zumindest ein großes Medieninteresse beschert. Zahlreiche Menschen aus ganz Deutschland hatten mit ihrer Unterschrift angekündigt, sich an der »Feldbefreiung« zu beteiligen. Sie verstehen die Aktion als Akt des zivilen Ungehorsams und sind daher auch bereit juristische Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Noch mehr Menschen haben ihre Solidarität mit den »Freiwilligen Feldbefreiern« erklärt. Sven Gingold von Attac begründete seine Sympathie mit den Interessen der Verbraucher, die keine Gentechnik-Nahrung wollten. Der Greifswalder Professor Michael Succow hat ebenfalls seine Zustimmung öffentlich begründet: »Was die Welt heute dringender denn je braucht, sind gesunde Böden und gesunde Pflanzen«. Und selbst aus anderen Ländern wurde den Gentechnikgegnern der Rücken gestärkt. Grußworte kamen von Landwirten aus Öterreich, der Schweiz und El Salvador. Zu den Unterstützern gehört auch Jose Bove aus Frankreich. Der studierte Landwirt hat die öffentliche Zerstörung von gentechnisch veränderten Getreide vor einigen Jahren weltweit bekannt gemacht und musste deswegen schon mehrere Monate im Gefängnis verbringen. Am Samstagabend indes hatte nichts in Strausberg auf eine derartige Konfrontation hingedeutet. Die Atmosphäre auf der Wiese war entspannt und friedlich. Nicht nur die Transparente erinnerten an einen Ökofundamentalismus vergangener Tage. »Die Bienen haben stichhaltige Argumente gegen Gentechnik« war auf einem großen Transparent zu lesen, das auf der Bühne befestigt war. Dort stellte sich auch Jörg Piprek der Diskussion. Er hat den Genmais des US-Konzerns Monsanto angebaut - auf rund 50 Hektar. Piprek verteidigte selbstbewusst sein Getreide. Gerüchte, dass er insgeheim mit den Gengegnern schon eine Entschädigung für das zerstörte Feld ausgehandelt hat, wies er zurück. Er werde kein Geld annehmen, weil er die Aktion verurteilt. Bei seinen Kontrahenten diagnostizierte er eine »rückwärtsgewandte Bauernromantik«. Für ihn hat moderne Technik den Alltag der bäuerlichen Bevölkerung erleichtert. Auch die Verbraucher würden die Produkte verlangen. Trotz allem bekam Piprek Applaus für die Bereitschaft zur Diskussion. Scharf wied ersprach ihm indes der Tübinger Imker Michael Grolm. »In der Landwirtschaft nähmen einzelne Konzerne Monopole ein - in der Gentechnik eben Monsanto, der 90 Prozent der Gentechnikpflanzen auf dem Weltmarkt hat«. Menschen wie Grolm warnen vor einer Umwandlung der Landwirtschaft in genindustrielle Anlagen. Eine Koexistenz zwischen genfreien und genmanipulierten Feldern könne es nicht geben. Die Bienen kennen ja auch keinen Unterschied. |