Linkszeitung vom 27.11.05Langer Anlauf für ein Berliner Sozialforum Wie ein Netz von Initiativen entsteht Von Peter Nowak Berlin (now) - Ob Bremen, Tübingen, Schwerin, Dortmund, Ortenau, Reutlingen oder Passau - so weit diese Städte über ganz Deutschland verstreut sind, haben sie doch eines gemeinsam und ihrer Hauptstadt voraus: Es gibt dort jeweils ein Sozialforum, durch das außerparlamentarische Initiativen am Ort vernetzt sind. Berlin soll nun folgen. Im Berliner Mehringhof fand dazu am Samstag eine Auftaktveranstaltung zum Thema "Strategien gegen die Produktion von Armut und Reichtum" statt. Dass es ein lokales Sozialforum nicht nur mit den Verhältnissen vor Ort zu tun hat, machten Organisatoren und Referenten gleich zu Beginn deutlich: Sie rückten die Sozialforumsbewegung in einen globalen Zusammenhang. So diente die vermeidbare Hurrikankatastrophe in der US-Metropole New Orleans als abschreckendes Beispiel für einen totalen Rückzug des Staates aus der Verantwortung für das Wohl und Wehe seiner Bürger. In Arbeitsgruppen widmeten sich die rund 60 Teilnehmer dann allerdings wieder der konkreten Umsetzung der Sozialforumsidee in der Hauptstadt. Unter dem Motto "Das Lokale politisieren" stellten sich drei stadtpolitische Initiativen vor, die gegen die Privatisierung von öffentlichen Raum agieren. Die AG Gleisdreieck setzt sich für die Errichtung eines Parks auf einer Brachfläche in der Nähe eines Bahnhofs ein, das Projekt Waldekiez kämpft gegen die Privatisierung von Häusern in Berlin-Kreuzberg und die Initiative Bethanien will mit einem Bürgerbegehren das traditionsreiche ehemalige Krankenhaus vor dem Verkauf an einen privaten Investor retten. Alle drei Gruppen lobten das Engagement der daran beteiligten Menschen, beklagten aber auch fehlende finanzielle Mittel und bürokratische Hürden, die ihre Arbeit erschwerten. Von einem Sozialforum erhoffen sie sich vor allem mehr Austausch und Zusammenarbeit. Eine weitere Arbeitsgruppe befasste sich mit der lokalen Vernetzung der globalisierungskritischen Bewegung. Das G8-Treffen in Heiligendamm im Sommer 2007 wirft seine Schatten voraus. In der Arbeitsgruppe wurde vor einem bloßen Event-Hopping bei den Gipfelprotesten gewarnt. Die Aktionen müssten lokal verankert werden. Großes Interesse fanden auch die Arbeitsgruppen, in denen nach konkreten Utopien gesucht wurde, von lokalen Tauschringen über Umsonstläden bis zur Gründung von Kommunen. Das Treffen sei erfolgreich, wenn zum Schluss mehr Fragen als Antworten blieben, hatte Corinna Genschel von der Initiative für ein Berliner Sozialforum zu Beginn gesagt. Am Ende waren dann auch einige Fragen offen, die auf eine weitere Realisierung eines Sozialforums in Berlin hoffen lassen: Wie lässt sich die begonnene Zusammenarbeit fortsetzen? Können weitere Initiativen dafür gewonnen werden? Wird das Engagement für die Gründung eines Sozialforums ausreichen? Fest steht schon einmal der nächste Termin: Am 4. März 2006 soll weiter beraten werden. |