ND 13.01.05Arbeiterfotografie Podiumsdiskussion: Medien und Hartz IV Von Peter Nowak Kann man den Reichtum heute noch darstellen? Am vergangenen Wochenende ist der Bundesverband der Arbeiterfotografie in Zusammenarbeit mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Berlin der Frage nachgegangen, welche Rolle die kritischen Medien in Zeiten von Hartz IV und neuen Kriegen spielen können. Begleitend zur Ausstellungseröffnung unter dem programmatischen Artikel »Rettet den Reichtum - Die Politik des globalen Kapitals und der Widerstand dagegen« diskutierten Journalisten und Publizisten am Sonntag unter dieser sehr allgemeinen Fragestellung. Der Kölner Publizist Werner Rügemer präzisierte die Frage auf eine Weise, dass sie eigentlich genug Stoff für die gesamte Diskussionsrunde geboten hätte. Reicht es heute noch, die Statistiken über die reichsten Familien zu veröffentlichen, um den Reichtum darzustellen? Da wäre auch eine Debatte über die Veränderungen kapitalistischer Wertschöpfung im postfordistischen Kapitalismus angebracht gewesen. Schließlich tritt der Kapitalist nicht mehr wie in den 20er Jahren mit Frack und Zylinder auf. Doch die übrigen Podiumsteilnehmer gingen nicht auf Rügemers ein, sondern stellten eigene interessante Fragen. Ellen Diederich machte biografisch deutlich, dass Medienarbeiter in Zeiten von Hartz IV nicht nur Beobachter sozialer Umbrüche sind. Sie ist kürzlich arbeitslos geworden und nun mit den Hartz-Gesetzen selber konfrontiert. Allerdings hätte sich hier die Frage anschließen müssen, wie sich die Tatsache, dass auch die Beschäftigten im Medienbereich nicht mehr automatisch zu den Besserverdienenden gehören, auf die Berichterstattung auswirkt. Führt sie zu mehr Solidarität mit den Anliegen von Erwerbslosen? Oder werden sich viele Medienschaffende noch mehr als Lautsprecher der Regierung betätigen, um bloß nicht selber einmal zu den Betroffenen von HartzIVzu gehören? Was kann Arbeiterfotografie in Zeiten ausrichten, wo die politische Agenda jeden Sonntag von Sabine Christiansen und den von ihr geladenen Experten und Politikern geprägt wird? Diese Frage stellte sich auch Andreas Neumann vom Bundesverband der Arbeiterfotografie. Attac-Sprecher Peter Wahl sah zu übertriebenem Pessimismus keinen Grund. Selbst in völlig unpolitischen Filmen wie »Titanic« seien Motive eingearbeitet, die an das soziale Gerechtigkeitsempfinden der Zuschauer appellieren. Wahl sieht auch im Internet noch brachliegende Potentiale für engagierten Journalismus im Interesse der Opfer von Sozialabbau und Krieg. Auch hier wäre wieder Stoff für eine eigene Diskussionsrunde gewesen. Insgesamt wurden am Sonntag viele interessante Fragen gestellt. Doch hätte man eine Frage ausgiebiger erörtert, wäre man vielleicht sogar zu einigen Antworten gekommen. |