ND 16.03.04Den Anschluss verpasst Einstellung der Publikation »antimilitarismus information« nach über 30 Jahren Von Peter Nowak
Terror, Krieg ohne Grenzen« - dieser Titel scheint angesichts der weltpolitischen Ereignisse brandaktuell. Doch ausgerechnet die Publikation, die zu dieser Thematik in den letzten drei Jahren zwei Themenhefte herausgegeben hat, hat kürzlich ihr Erscheinen eingestellt. Dabei war ihr Name eigentlich schon Programm: »antimilitarismus information« oder kurz »ami« war ein 1971 gegründeter »monatlich erscheinender partei- und verbandsunabhängiger Informationsdienst, der die Friedensarbeit mit Fakten und Hintergrundberichten unterstützen wollte«, so die Eigenbeschreibung. Wer Daten und Analysen zu den Themenfeldern Gewalt und Repression oder die neuesten Zahlen über die Militärausgaben und die weltweite Entwicklung der Rüstung brauchte, kam an der »ami« nicht vorbei. Honorare gab es für die zeitaufwendigen Recherche- und Archivarbeiten nicht. Die Redaktionssitzungen waren manchmal anstrengend. Schließlich wurde jeder Beitrag gemeinsam diskutiert und oft mühselig um die richtige Formulierung gerungen. Das war nur möglich, weil viele Politologiestudenten vom Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin die Mitarbeit bei der »ami« für ihren studentischen und beruflichen Werdegang nutzen konnten. Für die regelmäßige Mitarbeit gab es Scheine. Nicht wenige »ami«-Mitarbeiter sind später in der Friedensforschung oder in der Politikberatung gelandet. Doch in den letzten Jahren fehlte der Nachwuchs. Nur zwei bis drei feste Mitarbeiter kümmerten sich im Redaktionsbüro im Berliner Stadtteil Schöneberg am Ende noch um die monatliche Ausgabe. Dagegen hatte sich der Leserstamm der »ami« bei ca. 900 Abonnenten stabilisiert. Das war zwar nicht kostendeckend, aber auch nicht unmittelbar existenzgefährdend, so der letzte »ami«-Geschäftsführer Stefan Gose. Die Publikation hatte die frühen 90er überlebt, als nicht wenige mit dem Ende der Systemauseinandersetzung auf ein Abflauen der großen weltpolitischen Konflikte hofften. Da ist es schon erklärungsbedürftig, warum die »ami« ausgerechnet zu einer Zeit eingestellt wird, in der Kriege und internationale Konflikte wieder die Schlagzeilen der Medien bestimmen. Der Zugang zur neuen Politgeneration wurde nicht gefunden, wurde im Editorial der letzten »ami«-Ausgabe beklagt: »Lange Textbesprechungen und noch längere Produktionen waren nicht mehr konkurrenzfähig in einer kurzatmigen Aufbruchstimmung, die das schnelle Feedback im Internet, bei Globalisierungsprotesten oder im Tangokurs suchte.« Diese Kritik richtete sich nicht zuletzt an die kurzlebige Bewegung gegen den Irakkrieg im letzten Jahr, die kaum zu längerfristigem friedenspolitischen oder gar antimilitaristischen Engagement geführt hat. Doch auch eigener Strukturkonservatismus hat sicherlich dazu beigetragen, dass die »ami«-Macher den Anschluss an die junge Aktivistengeneration nicht gefunden haben. So hielt man eisern am Prinzip Bleiwüste fest, die nur durch Zahlen und Statistiken aufgelockert wurde. Von einem neuen Layout wollte man nichts wissen. Schon Mitte der 90er Jahre gab es im damals noch viel größeren Redaktionskollektiv eine heftige Debatte, ob man einen Artikel druckt, der sich kritisch mit der Geschichte der deutschen Friedensbewegung auseinandersetzte. Man entschied sich schließlich dagegen. Ein Abweichen von der betont sachlichen Faktenberichterstattung und Datensammlung könnte die Abonnenten irritieren, lautete die Befürchtung. Zumindest die bisherigen Texte der »ami« sind im Internet unter der Homepageadresse http://userpage.fu-berlin.de/~ami/ weiterhin zugänglich. |