ND 30.03.04Wenn die Wirtschaft Regie führt Einflussnahme der Werbung auf Fernsehserien
Von Peter Nowack Wenn in einer Fernsehserie der Hauptdarsteller in einem modernen Auto vorfährt, muss es nicht immer die Idee des Drehbuchschreibers sein. Es kann sich dabei auch um Product Placement im öffentlich rechtlichen Fernsehprogramm handeln. Diverse Wirtschaftsunternehmen zahlen reichlich Geld, damit ihre Produkte in den Fernsehserien besonders vorteilhaft platziert werden. Die beim evangelischem Pressedienst angesiedelte Publikation »epd medien« hat kürzlich in einer Untersuchung bekannt gemacht, wie weit die Kooperation zwischen Wirtschaft und Unterhaltung schon gediehen ist. So hatte sich das ZDF für seine vom 6. Januar bis zum 9.März ausgestrahlt Serie »Sabine!« gleich mehrere Wirtschaftspartner ins Boot geholt: die Volkswagen AG, die Deutsche Post AG, die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mgH (CMA) und das Wirtschaftsministerium von Rheinland-Pfalz. Der Kontrakt mit der Volkswagen AG sah vor, dass deren Cabrio-Modell Beetle in jeder Folge mindestens einmal eine Minute gut sichtbar präsentiert werden sollte. In der epd vorliegenden schriftlichen Übereinkunft wurde nichts dem Zufall überlassen: »Bei allen Fahrszenen sollte das Fahrzeug in einer attraktiven, dynamischen und >werblichen< Bildsprache dargestellt werden.« Gleich in den beiden Folgen war ein roter Cabrio bildfüllend im Schaufenster eines Autohauses zu sehen. Natürlich fuhr die Serienheldin die gleiche Marke. Doch auch Milchprodukte waren in der ZDF-Serie »Sabine!« sehr häufig vertreten. So wurden Szenen in einer Milchbar einer Schule gespielt. Dabei war das grüne Markenzeichen des Produktes immer wieder deutlich zu sehen. Auch hier führte nicht der Künstler, sondern die Wirtschaft Regie. Der Kooperationsvertrag mit der CMA, deren Aufgabe die Bewerbung landwirtschaftlicher Produkte ist, war für die hohe Milchpräsenz verantwortlich. Dabei hatten sich die Kooperationspartner durchaus Gedanken über die Zielgruppe gemacht. Sie haben laut epd schriftlich festgehalten: »Beide Parteien sind sich einig, dass, um die Authentizität zu wahren, keine ernährungswissenschaftliche Abhandlung zu Milchprodukten gegeben werden kann, sondern das Besondere der Milch im Alltag hervorgehoben wird.« Schließlich ist der Zuschauer solcher Serien auch nicht an wissenschaftlichen Abhandlungen interessiert. Die Identifikation mit den Produkten läuft nach einen anderen Mechanismus. Im Gegensatz zu den Werbesendungen, die oft vom Zuschauer für eine Pause vom Bildschirm genutzt wird, hat eine in die Handlung eingebaute Produktpräsentation eine nachhaltigere Wirkung. Besonders, wenn die Serienhelden diese Gegenstände nutzen, dürfte der Kaufanreiz vor allem bei jüngeren Leuten steigen. Das die Grenze zwischen den Werbeblöcken und dem übrigen Programm immer mehr aufgeweicht wird, sehen Medienwissenschaftler mit Sorge. Dabei geht es um die Gelder, die von den Unternehmen für die vorteilhafte Darstellung bezahlt werden. Laut epd zeigen sich die Unternehmen auf Nachfragen nach den Vertragsmodalitäten nicht besonders auskunftsfreudig. So verweigerte VW aus wettbewerbspolitischen Gründen nähere Auskünfte über die Kooperation bei der Serie »Sabine!«. Noch gravierender ist der Einfluss, den eine solche Zusammenarbeit mit der Wirtschaft auf die Inhalte der Serie haben kann. Denn schließlich wird kein Autokonzern sein Produkt in einer Serie präsentieren, die beispielsweise die negativen Folgen des Individualverkehrs für die Umwelt thematisieren würde. Allerdings ist das Problembewusstsein der Wirtschaftskooperation auch beim Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen eher gering. Es sei denn, jemand stellt sich besonders ungeschickt an. So wurde in der letzten Woche Jürgen Emig von seinen Aufgaben als Leiter der Sportredaktion des Hessischen Rundfunk (hr) entbunden. Zuvor war bekannt geworden, dass die hr-Sportredaktion Vereine und Vertreter weniger populärer Sportarten für Übertragungen zur Kasse gebeten hatte. |