Telepolis vom 9.2.04Friedenspfeife statt Konfrontation Peter Nowak Wiederbelebung der Nato auf der Sicherheitskonferenz in München In München nichts Neues. Dieser Eindruck musste sich am Wochenende in derbayerischen Landeshauptstadt aufdrängen. Ca. 270 Politiker, Diplomaten undOffiziere trafen sich dort zur 40. Sicherheitskonferenz [1]. Beobachtet werden sie von mehr als 300 Journalisten, beschützt von 4000 Polizisten, die den Tagungstrakt in der Stadtmitte mit doppelten Verteidigungswällen aus Eisengittern und Wasserwerfern hermetisch abschirmen. "The world is a safer place today because the Coalition liberated 50 million people - 25 million in Afghanistan and 25 million in Iraq." - US-Verteidigungsminister Rumsfeld auf der Sicherheitskonferenz. Doch inhaltlich konnte der Kontrast zum letzten Jahr nicht größer sein. 2003 stand die Münchner Tagung ganz im Banne des unmittelbar bevorstehenden Irakkrieges. US-Verteidigungsminister warb vehement für eine Kriegsbeteiligung, erntete Widerspruch von Bundesaußenminister Fischer und verabschiedete sich vorzeitig. Deutlicher hätte damals der Riss zwischen Washington und Berlin nicht zum Ausdruck kommen können. Ein Jahr später wurden die gegenteiligen Signale ausgesendet. Selbst Rumsfeld beschwört den Geist der Nato. Pathetisch wurde gar die Wiederauferstehung der Nato [2] konstatiert. Ins gleiche Horn stieß auch ein Großteil der europäischen Politiker mit Fischer an der Spitze. Der stellte gleich eine gemeinsame Initiative zur Befriedung des Nahen Ostens in München vorgestellt, bei der der Nato eine Schlüsselrolle zukommen soll. Verteidigungsminister Struck beschwor die zukünftige Zusammenarbeit zwischen EU und USA in der Nato. Da wollte auch Rumsfeld nicht nachstehen. "Jeder Affe, der vom Mars auf die Erde schaut, erkennt, dass die USA und Europa die gleichen Werte haben", sagte er in diesem Jahr konziliant. Im letzten Jahr hatte er noch mit seiner Einteilung in ein altes und ein neues Europa die Gemüter diesseits und jenseits des Atlantik erregt. Doch selbst ihm dürften die versöhnlichen Töne nicht schwer gefallen sein. Haben doch die europäischen Kriegsgegner darauf verzichtet, nach den nicht gefundenen Waffen im Irak zu fragen, die die USA als Kriegsgrund genannt hatten. Sie wollten schließlich nicht als Rechthaber angesehne werden, wenn sich die damals von Deutschland und Frankreich gegen einen Irakeinsatz vorgebrachten Argumente alle bestätigen. Angesichts von bewaffneten und zivilen Widerstand im Irak üben sich Europa und die USA wieder im Schulterschluss. Man würde auch einem Natoeinsatz im Irak mit Skepsis zustimmen. Denn für Fischer ist klar. "ein Scheitern würde für uns alle, Europa wie Amerika, Kriegsbefürworter und Kriegsgegner, gleichermaßen negative Konsequenzen haben. Diese Auffassung hat die Haltung Deutschlands während und nach dem Irakkrieg bestimmt." "Die Bundesregierung sieht sich durch den Gang der Ereignisse in ihrer damaligen Haltung bestätigt" - Joschka Fischer auf der Sicherheitskonferenz. "Das war eine ausgestreckte Hand der Zusammenarbeit für Amerika", kommentierte der Konferenzchef Horst Teltschik die Offerten von Fischer und Struck zufrieden. Schließlich war der konservative CDU-Mann schon im Vorfeld des Irakkrieges auf der Linie Washingtons als der von Berlin. Die Kritiker der Sicherheitskonferenz [3], die auch in diesem Jahr mit einer symbolischen Blockade am Freitagnachmittag und einer Großdemonstration am Samstagmittag auf sich aufmerksam machten, müssen sich angesichts dieser Entwicklung eigentlich bestätigt fühlen. Sie hatten schon im letzten Jahr davor gewarnt, in der Reserviertheit der rot-grünen Regierung gegenüber dem Irakfeldzug Anzeichen für eine pazifistische deutsche Außenpolitik sehen zu wollen. Damit waren sie zumindest in der Friedensbewegung hoffnungslos in der Minderheit, die im letzten Jahr immerhin 30.000 Menschen in München mobilisierte ( Gegen den Krieg, aber wie? [4]). In diesem Jahr waren wieder die ca. 8.000 Menschen auf der Straße, die auch schon in den Vorjahren dabei waren.
Links
[1] http://www.securityconference.de/index.php?menu_konferenzen=&sprache=de [2] http://www.taz.de/pt/2004/02/09/a0176.nf/text [3] http://www.muenchen-gegen-krieg.de [4] http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/14148/1.html |