ND 02.07.04Ohne Papiere im Niedriglohnsektor Migranten in den USA organisieren sich
Von Peter Nowak Illegale Arbeiter ohne Aufenthaltspapiere sind der Willkür von Unternehmern meist ausgeliefert. Eine Organisation will hier Abhilfe schaffen. »Wir sind Teil der Arbeiterklasse. Wir sind Migranten, und viele von uns sind Frauen. Wir leben in den USA, weil uns die Politik des Neoliberalismus aus unseren Ländern vertrieben hat.« So stellte die gebürtige Puerto Ricanerin Monica Santana am Dienstagabend auf einer Veranstaltung in Berlin die Aktivistenbasis des Latino Workers Center in New York vor, das sie 1993 mitgegründet hatte. Mittlerweile sind dort fast 2000 Beschäftigte organisiert - überwiegend Einwanderer aus Lateinamerika, die oft ohne Papiere im Niedriglohnsektor beschäftigt sind. Sie arbeiten als Reinigungskräfte, in der Pizzabäckerei oder bei Paketdiensten. Lange Zeit galten die Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen als unorganisierbar. Die alte Gewerkschaftsbewegung schenkte ihnen kaum Beachtung. Die Abneigung beruht indes auf Gegenseitigkeit. Zwar sei das Workers Center nicht gewerkschaftsfeindlich, wie Santana berichtete, habe aber große Probleme mit der Politik der Gewerkschaften in den USA. Diese seien auf die weiße, männliche Kernarbeiterschaft fixiert, eng mit den beiden großen Parteien verbunden und oft korrupt. Die Gewerkschaften gäben viel für die Wahlkampfhilfe der Demokratischen Partei aus, die aber für eine genauso arbeiterfeindliche Politik stehe wie die Bush-Regierung. »Aber für die Schulung und Information der Arbeiter fehlt das Geld«, kritisiert Santana. Dementsprechend will das Workers Center diese Fehler der alten Gewerkschaften bewusst vermeiden. Oberster Grundsatz ist die Selbstorganisierung der Arbeiter, jede Stellvertreterpolitik wird abgelehnt. In den ersten Jahren konzentrierten sich die Aktivisten auf darauf, Latinos über ihre Rechte am Arbeitsplatz aufzuklären und juristisch zu beraten. 1996 trat das New Yorker Zentrum erstmals mit einer Kampagne für einen legalen Aufenthalt der Migranten-Arbeiter an die Öffentlichkeit. Drei Jahre später war es federführend an der Bildung des »Nationalen Bündnisses für Straffreiheit und Würde für alle Einwohner ohne Papiere« beteiligt. Ihm haben sich mittlerweile über 150 Organisationen angeschlossen. Hauptaufgabe der Aktivisten des Workers Center ist es indes zu intervenieren, wenn Arbeiter konkrete Verstöße anprangern. Sie demonstrieren vor den Zentralen von Unternehmen, die Arbeiter entlassen oder mit der Lohnzahlung im Rückstand sind. Für die Betroffenen besorgt das Workers Center Anwälte und begleitet die juristische Auseinandersetzung mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen. Mittlerweile gibt es Anknüpfungspunkte für Arbeitskämpfe in Deutschland, worauf der Vorbereitungskreis für die Berliner Veranstaltung hinwies. Auch hier nehme die Zahl der Beschäftigten in prekären Arbeitsverhältnissen zu. Darunter fänden sich besonders viele Migranten ohne Papiere. Und auch das Vertrauen in den DGB sinke. Erste Ansätze von Selbstorganisation in diesem Bereich gibt es auch schon - etwa das Medienprojekt LaborB. Demnächst gibt es mehr Infos unter www.laborb.org. |