Letzebueger Vollek15.09.04Noch immer keine Hoffnung auf Freiheit Zum 60. Geburtstag erinnerten Menschenrechtsgruppen an das Schicksal von Leonard Peltier Auch seinen 60. Geburtstag mußte der schwerkranke Leonard Peltier am vergangenen Sonntag im Gefängnis verbringen. Schon seit Tagen gingen im Leavenworth-Gefängnis im US-Bundesstaat Kansas Briefe, Postkarten und Päckchen ein. Denn Peltier ist weltweit bekannt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht in ihn einen politischen Gefangenen und fordert seit Jahren seine sofortige und bedingungslose Freiheit. Den 60. Geburtstag nahmen Menschenrechtsorganisation weltweit zum Anlaß, an das Schicksal dieses Mannes zu erinnern, der fast die Hälfte seines Lebens im Gefängnis verbringen mußte und mittlerweile schwer erkrankt ist. Solidaritätsgruppen vergleichen Peltier mit dem schwarzen Journalisten und Bürgerrechtler Mumia Abu Jamal, der seit Anfang der 80er Jahre in der Todeszelle sitzt. Peltier wurde zwar nicht zum Tode, sondern zu zweimal lebenslänglich verurteilt. Ansonsten gleichen sich die Biographien der beiden Langzeithäftlinge sehr. Sie kommen beide aus den linken Aufbrüchen, die Ende der 60er Jahre auf dem Höhepunkt des Vietnamkrieges die USA erfaßt hatte. Auch die immer noch fälschlich Indianer genannten amerikanischen Ureinwohner verlangten Wiedergutmachung für die Verbrechen, die europäische Kolonialisten an ihren Vorfahren verübten. Sie forderten auch ein besseres Leben für die wenigen Nachfahren der oft verarmt in wenigen Reservaten lebenden Indigenen, wie sie sich selbst nennen. Mit dem American Indian Movement (AIM) gründeten sie eine Organisation, die sich nicht mit Bitten und Petitionen zufrieden geben wollte. Sie wehrten sich gegen die Übergriffe weißer Rassisten, die Mitte der 70er Jahre enorm zugenommen hatten. Einer der Brennpunkte des indigenen Widerstands war 1975 das Reservat Pinte Ridge im US-Staat Süd-Dakota. Auch der junge Leonard Peltier wurde von dieser Aufbruchsstimmung erfaßt und beteiligte sich am Schutz des Reservats. Am 26. Juni 1975 kam es zu einem Schußwechsel zwischen FBI-Beamten und indigenen Aktivisten in dem Reservat, bei dem zwei FBI-Beamte und ein AIM-Aktivist den Tod fanden. Die näheren Umstände liegen bis heute im Dunkel. Peltier wurde gemeinsam mit den AIM-Aktivisten Dino Butler und Bob Robideau des Mordes an den FBI-Beamten angeklagt. Butler und Robideau plädierten auf Notwehr und wurden freigesprochen. Peltier, der mittlerweile nach Kanada geflohen war, wurde in den Medien zum Polizistenmörder aufgebaut. Nach seiner Auslieferung an die US-Behörden wurde er 1977 zu zweimal lebenslänglich von einer Jury verurteilt, die von Beobachtern als "extrem indianerfeindlich" bezeichnet wurde. Peltier hat immer betont, daß er nicht geschossen habe. Während des Prozesses konnte ihm die Tat auch nicht nachgewiesen werden. In einem Berufsverfahren erklärten selbst Vertreter der US-Regierung, niemand wisse, wer die beiden FBI- Agenten umgebracht habe. Doch Peltier mußte im Gefängnis bleiben. Nur wurde er jetzt wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. Seitdem haben sich alle Bemühungen um Peltiers Freilassung zerschlagen. Zuletzt wurde er als einer der Kandidaten genannt, die am Ende von Clintons Amtszeit begnadigt werden sollten. Doch die Law-and-Order-Fraktion aus rechten Politikern und Polizeiorganisationen war stärker. Unter Bush hat sie besonders nach den Anschlägen vom 11. September 2001 noch an Einfluß gewonnen. Doch Peltier hat sich auch unter den widrigsten Bedingungen nicht unterkriegen lassen. Er beteiligt sich an der politischen Auseinandersetzung und fordert weiterhin Gerechtigkeit für die indigene Bevölkerung.
Peter Nowak |