Telepolis10.09.2004 Waffen für Israel?
Peter Nowak Die Lieferung von U-Booten nach Israel wird in der Linken kontrovers diskutiert Die israelische Regierung hat schon seit Monaten Interesse an der Lieferung von zwei U-Booten aus deutscher Produktion bekundet. Bisher hat sich die Bundesregierung mit dem Hinweis auf das Geschäftsgeheimnis in Schweigen gehüllt. Das hat Bundesverteidigungsminister Struck jetzt gebrochen [1]. "Wir sind selbstverständlich bereit, Israel beim Erwerb zu helfen und unterstützen dies", meinte Struck im Interview mit dem Handelsblatt am Donnerstag. Politisch sei dies kein Problem, weil Israel die U-Boote im Küstenschutz einsetzen wolle, betonte Struck. Doch das sehen Friedensaktivisten und Friedensforscher völlig anders. "Kommt sie dem Wunsch nach, dann leistet sie Beihilfe zur nuklearen Proliferation in den Nahen Osten, schreibt [2] der Mitarbeiter des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit [3] Christopher Steinmetz. Der Friedensforscher stützt sich dabei auf einen Bericht der New York Times vom Oktober 2003. Demnach hat Israel bereits vorher aus Deutschland gelieferte U-Boote mit Atomraketen bestückt [4]. Die Verlegung von Atombomben vom Land auf die wesentlich unverwundbareren U-Boote sind Teil der Modernisierung der israelischen Nuklearstrategie. Die israelische Regierung hatte den Bericht der New York Times halbherzig dementiert, was allerdings für die Friedensforscher keine Widerlegung des Berichtes ist. Schließlich hat die israelische Regierung wie viele andere Regierungen auch, Berichte über Rüstungspläne aus Sicherheitsgründen immer dementiert. Doch nicht nur die Regierung, auch die Antimilitaristen befinden sich bei der Causa "Waffenlieferungen an Israel" in einem Dilemma. Kann eine Kampagne gegen Waffenlieferungen an Israel womöglich ungebetene Unterstützer von rechts auf den Plan rufen? Schließlich darf Propaganda gegen Israel auf keiner Neonazidemo mehr fehlen. Es ist nahe liegend, dass Israelhasser gegen Waffenlieferungen an Israel sind. Aber nicht alle, die gegen Waffenlieferungen an Israel sind, sind Israelhasser. Roland Röder, AKTION 3.WELT Saar [5] Wenn Deutschland Waffen an Israel liefert, dann wegen der Interessen der deutschen Rüstungsindustrie und nicht wegen der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel, zerpflückt Röder rotgrüne Argumente. Noch deutlicher wird eine Initiative gegen Antisemitismus und Antizionismus [6]. Sie wirft dem Tübinger Friedensplenum [7] in der jüdischen Internetzeitung hagali [8] Antisemitismus vor, weil es sich in einem Aufruf [9] für den Stopp von Rüstungsexporten aus Deutschland nach Israel ausgesprochen hat: Ein Stopp der Waffenlieferungen bedeutet faktisch eine militärische Schwächung und stellt verdeckt das Existenzrecht in Frage. Die Referentin der Tübinger Informationsstelle Militarisierung [10] Claudia Haydt hat in einem Diskussionsbeitrag in der Jüdischen Allgemeinen [11] betont, dass das Existenzrecht Israels nicht zur Disposition stehe. Doch die Sicherheit des Staates werde ihrer Meinung nach nicht mit immer mehr Waffenlieferungen Gewährleistet: Wer Israel helfen will, der muss zur Kenntnis nehmen, dass es nur eine Lösung geben kann, die alle Menschen ich der Region einbezieht... Und definitiv keine Waffenlieferungen. Mit Öl lässt sich Feuer nicht löschen. Ähnlich hat sich auch Bernhard Moltmann von der christlichen Initiative "Kirche und Entwicklung" in einem Monitor-Interview [12] positioniert: Die Forderungen nach einem Stopp von deutschen Rüstungslieferungen nach Israel sind berechtigt, wenn man sich die Zerstörungen ansieht, die der gegenwärtige Krieg in Israel und in diesen palästinensischen Gebieten anrichtet. Dabei kann er sich auch auf israelische Stimmen berufen: Die deutsche Bundesregierung sollte sich jetzt, gerade wegen ihrer historischen Verantwortung, für ein umfassendes Verbot von Rüstungsexporten nach Israel aussprechen. Das wäre keinesfalls eine anti-israelische Maßnahme, sondern ein großer Dienst, den man Israel erweisen würde. Um uns von einer Politik abzubringen, die unsere Zukunft in diesem Land zerstört. Adam Keller, Gush Shalom [13] Doch zumindest bei einem kleinen Teil der Linken wird Strucks Entscheidung auf Zustimmung stoßen. "Waffen für Israel" lautete eine Kampagne [14] antideutscher Gruppen vor 2 Jahren.
Links
[1] http://www.reuters.de/newsPackageArticle.jhtml?type=economicsNews&storyI D=579640§ion=news [2] http://www.friedenskooperative.de/ff/ff03/5-53.htm [3] http://www.bits.de [4] http://www.bits.de/public/articles/ff0503-3.htm [5] http://www.kverlagundmultimedia.de/Archiv/Chronologisch_2004/U-Booten_na ch_Israel_/u-booten_nach_israel_.html [6] http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2002/09/boykott.htm [7] http://www.friedensplenum-tuebingen.de [8] http://www.hagalil.com/ [9] http://www.dpg-netz.de/dpg2003/aufrufe/ak_tueb.htm [10] http://www.imi-online.de/ [11] http://www.juedische-allgemeine.de/ [12] http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/Nahost/monitor.html [13] http://www.gush-shalom.org/english [14] http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web39-2.htm |