ND 08.10.04Nachspiel einer Demonstration IG Metall Baden-Württemberg greift linken Betriebsrat an
Von Peter Nowak Wegen eines spontanen Protestmarschs auf einer Schnellstraße im Juli will die Südwest-Spitze der Metallgewerkschaft einen DaimlerChrysler-Betriebsrat maßregeln. Am 15.Juli 2004 standen die Zeichen »beim Daimler« in Baden-Württemberg auf Sturm. Auf die Ankündigung eines harten Sparpakets folgten zunächst erbitterte Proteste - unter anderem ein spektakulärer und spontaner Protestmarsch über die sechsspurige Bundesstraße 10 von Mettingen nach Untertürkheim. Die Entschlossenheit zeigte in den Medien sofort Wirkung, es wurde über einen langen Streik spekuliert. Doch schon eine Woche später einigten sich Konzernspitze und Gesamtbetriebsrat im Wesentlichen auf das Paket des Managements - zur Enttäuschung vieler Beschäftigter. Die Gewerkschaften hätten nicht genug Kampfbereitschaft gezeigt, heißt es in einem vom Internetportal »Labournet« dokumentierten Flugblatt betrieblicher Funktionäre bei DaimlerChrysler. Von »ungefragt vereinbarten Verschlechterungen« ist dort die Rede. Der Marsch auf der Schnellstraße soll jetzt ein Nachspiel haben: In einem Schreiben der IG-Metall-Bezirksleitung wurde der Esslinger Ortsverband aufgefordert, die Verantwortlichen für den Protestmarsch und die spontanen Arbeitsniederlegungen am 15.Juli zu benennen. »Sollten sie Funktionen in der IG Metall ausüben, ist zu prüfen, ob ihr Verhalten die Ausübung dieser Funktion zulässt«, heißt es in dem Schreiben. Der Brief bezieht sich ausdrücklich auch auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht, Nötigung und Eingriffs in den Straßenverkehr. Besonders in der Kritik steht der Betriebsrat des DaimlerChrysler-Werkes Untertürkheim, Tom Adler. Er wird in einem Schreiben von Uwe Meinhard (IG Metall Stuttgart) der Verschwörungstheorien und Dolchstoßlegenden beschuldigt. Meinhards Kritik zielt auf die Gewerkschaftslinke, zu der sich Adler zählt: »Zum einen zeugt die Selbstverständlichkeit, mit der sich eine Gruppierung exklusiv des Begriffs >Gewerkschaftslinke< bedient, von einem Elitedünkel, der durchaus nicht zur guten Tradition der Arbeiterbewegung gehört.« Mittlerweile haben sich bundesweit kritische Gewerkschafter mit den Angegriffenen solidarisiert. Manche sehen sogar bereits eine neue »Säuberungswelle« in der Metallgewerkschaft kommen. Schon Ende der 60er Jahre organisierten sich in Baden-Württemberg gemaßregelte IG-Metall-Aktivisten in der linken »Plakat«-Gruppe. |