Blick nach Rechts 23/2004 Einschüchterungstaktik
Neonazis bedrohen politische Gegner verbal und handgreiflich. Am 6. November fand in Gotha wieder der Antifaschistische/Antirassistische Ratschlag statt. Bereis zum 14-ten Mal wird diese Veranstaltung der gewerkschaftlichen Landesarbeitsgemeinschaft Antifaschismus/Antirassismus in Thüringen organisiert, um eine gemeinsame parteien- und organisationsübergreifende Arbeit gegen Rechtsradikalismus in dem Bundesland zu koordinieren. Doch nie hat er im Vorfeld ein solches Presseecho gefunden. Denn Neonazis aus dem thüringischen Kameradschaftsspektrum machen in diesem Jahr massiv gegen den Ratschlag und seine Organisatoren mobil. Auf zahlreichen rechten Homepages findet sich unter dem Motto "Dem antideutschen Mob auf die Pelle rücken!" ein Aufruf, in dem dazu aufgefordert wird, "den antifaschistischen Ratschlag mit allen Mitteln zu bekämpfen". "Es darf in der Stadt Gotha keinen Platz für linkskriminelle Banden ... und Verfechter einer multikulturellen Gesellschaft geben, heißt es in dem Text. Seit Jahren gegen Rechtsextremismus aktive Gewerkschaftler und andere Organisatoren des Ratschlags werden auf den rechten Homepages namentlich und mit Porträtfotos erwähnt. Der thüringische Fachbereichsleiter der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Angelo Lucifero gehört zu den via Internet bedrohten Personen. Er sieht die offensive Anti-Antifa-Arbeit durchaus im Zusammenhang mit den jüngsten rechten Wahlerfolgen in Sachsen und Brandenburg. Man ist in der rechten Szene mutiger geworden. Lucifero warnt im Gespräch mit dem bnr davor, den rechten Aufruf nur als leere Drohung abzutun. Denn es blieb nicht nur bei Worten. So wurde ein antifaschistischer Jugendlicher aus Gotha Anfang November nach einem Kinobesuch von mehreren Neonazis bedroht und eingeschüchtert. Auch Lucifero selbst griffen die Rechten schon mehrmals an. Am 25. Oktober wurde er in Eisenach niedergeschlagen, als er sich mit anderen Aktivisten gegen die Teilnahme von Neonazis an der dortigen Montagsdemonstration wandte. In der darauf folgenden Woche konnten die Rechten mit ihrer Einschüchterungstaktik einen Erfolg verbuchen. "25 nationale Sozialisten aus der Wartburgstadt nahmen in dieser Woche am zwölften Protestmontag an der Kundgebung auf dem Marktplatz teil", posteten sie stolz auf ihren sämtlichen Homepages.
Peter Nowak |