ND 17.09.04Bafög-Empfänger unter Verdacht Bundesweit wird Studenten der Prozess gemacht
Von Peter Nowak »Bafög-Betrüger enttarnt - Studenten müssen Millionen zurück zahlen«, titelten hessische Lokalblätter, die Frankfurter Allgemeine Zeitung machte Mitte Juli einen längeren Artikel zum Thema mit der Überschrift auf: »Hochschulen verlangen 4,1 Millionen Euro an Bafög zurück«. In den letzten Wochen war die angebliche Jagd auf Bafög-Betrüger ein Sommerlochthema. Zur Zeit ist es etwas in den Hintergrund getreten. Doch die Verunsicherung ist groß. Bundesweit werden ca. 40000 Studierende und Schüler beschuldigt, zu Unrecht Bafög zu haben. Ihnen wird vorgeworfen, beim Ausfüllen ihrer Bafög-Anträge falsche Angaben gemacht zu haben. Konkret geht es dabei um die Spalten, in denen nach den Ersparnissen gefragt wurde. Bafög-Bezieher dürfen nicht mehr als 5200 Euro eigenes Vermögen besitzen. Nachdem die Bafög-Anträge bundesweit mit den Finanzämtern abgeglichen worden waren, kamen die Verfahren ins Rollen. In einigen Bundesländern sind erste Urteile ergangen. So wurde Anfang August in Bamberg ein 25-jähriger Student zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt, weil er eine von seinen Eltern auf seinen Namen angelegte finanzielle Rücklage im Bafög-Antrag nicht angegeben hatte. Der Angeklagte hatte vor Gericht beteuert, nichts von der elterlichen Spareinlage gewusst zu haben. Sein Rechtsanwalt Kurt Jahn erklärte in seinem Plädoyer, dass sich die Eltern das Geld vom Munde abgespart hätten. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, gegen die Eltern ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung zu eröffnen, weil sie zwecks Steuerersparnis das Geld auf den Namen ihres Sohnes anlegt haben sollen. Laut Bafög-Experten handelt es sich dabei um einen typischen Fall. Während in manchen Bundesländern die Angelegenheit als Ordnungswidrigkeit behandelt und mit einer kleinen Geldstrafe geahndet wird, ist Bayern Vorreiter bei der Durchsetzung einer harten Linie. Auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen will man demnächst kleine Fische gerichtlich belangen. »Ab einer Schadenshöhe von 500 Euro wird nicht mehr eingestellt«, zitiert die Stuttgarter Zeitung einen Staatsanwalt. Der Landesstudierendensprecher der bayerischen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Philipp Heinze, spricht von einer Hetzjagd auf vermeintliche Bafög-Betrüger. »Besonders hart trifft es einmal mehr die sozial Schwachen. Die Eltern verdienen wenig Geld oder sind arbeitslos, das mühsam angesparte Geld soll die Zukunft der Kinder sichern.« Mittlerweile gibt es unter www.bafoeg-datenabgleich.de juristische Ratschläge und nützliche Hinweise für die Betroffenen. |