ND 20.09.03Demo-Konkurrenz für Wirtschaftsbosse Proteste gegen Unternehmerkundgebung
Von Peter Nowak Ein am Montag stattfindender Kongress von Vertretern aus Wirtschaft und Politik wird am Abend für eine Kundgebung der Unternehmer unterbrochen. Inzwischen wird zu Protesten gegen diese »Propagandashow« aufgerufen. Politische Demonstrationen gehören in Berlin zum Alltag. Trotzdem könnte die Hauptstadt am Montag eine Premiere der besonderen Art erleben. Am 22. September wollen führende Entscheidungsträger aus der deutschen Wirtschaft für ihre Forderungen auf die Straße gehen - für eine halbe Stunde. Von 19 bis 19.30 Uhr soll eine Kundgebung vor dem Haus der Wirtschaft in Berlin-Mitte stattfinden. »Für ein attraktives Deutschland. Freiheit wagen - Fesseln sprengen!«, heißt das Motto der Aktion. Unter diesem Titel steht auch ein ganztägiger Kongress am selben Ort. Hochrangige Vertreter aus Wirtschaft und Politik werden sich dort ein Stelldichein geben, unter anderem Bundeswirtschaftsminister Clement und CDU-Chefin Merkel. Lange Fußmärsche wollen sich die Damen und Herren von der Wirtschaft dann doch nicht zumuten. Schon macht man sich Gedanken, ob unter diesen Umständen das rechte Demo-Feeling entsteht. »Es sei aber nicht vorgesehen, dass sie sich mit Trillerpfeifen und Trommeln Gehör verschaffen. Wahrscheinlich werden die Manager auch keine Plakate und Transparente tragen«, unkte ein Kommentator der »Berliner Zeitung«. Doch ein Demo-Feeling könnte am Montag trotzdem aufkommen. Vielleicht mehr als die Veranstalter wollen. Denn mittlerweile machen auch die Kritiker der Unternehmerdemo mobil. Sie rufen dazu auf, an der Kundgebung teilzunehmen und sich dort lautstark Gehör zu verschaffen. Schon seit Tagen kursieren in Berlin Flugblätter mit entsprechenden Aufrufen. Auch via Internet wird zu Gegenaktionen mobilisiert. »Den Bossen in die Suppe spucken«, wollen »Proletarische Zirkel«, die zu den Protesten aufrufen. Die Verfasser sehen in der Unternehmeraktion eine »Propagandashow für weiteren Sozialabbau«. »Schon seit Monaten ventilieren konservative Politiker und Wirtschaftsbosse den Kampf für einen schlanken Staat. Das heißt noch mehr Sozialabbau, noch weniger Schutzrechte für die Arbeiter, noch mehr Zwangsarbeit für Erwerbslose, Studiengebühren für Studierende. Nicht mit uns«, heißt es in dem Aufruf. Auch Erwerbsloseninitiativen, die zurzeit bundesweite Aktionen gegen den Sozialabbau vorbereiten, wollen die Unternehmeraktion nutzen. Wie viele Menschen sich an den Protesten am Montagabend beteiligen, ist noch völlig unklar. Im Unternehmerlager gibt man sich gelassen. Schließlich habe man aus Sicherheitsgründen das eigene Protestprogramm erheblich abgespeckt. In den ursprünglichen Planungen war noch eine Demo durch die Berliner Mitte vorgesehen.
Die Gegner wollen sich ab 18.30Uhr in der Breiten Straße 29 treffen. |