Telepolis22.11.03Inhaftierte Globalisierungskritiker im Hungerstreik Peter Nowak Menschenrechtsgruppen befürchten, dass an den Angeklagten, die während des EU-Gipfels in Thessaloniki festgenommen wurden, ein Exempel statuiert werden soll In den letzten Tagen gab es in vielen europäischen Hauptstädten Demonstrationen vor griechischen Konsulaten und Botschaften. Gefordert wird von den Protestierenden die Freilassung von 5 Globalisierungskritikern, deren Gesundheitszustand sich nach einem mehrwöchigen Hungerstreik [1] rapide verschlechtert hat. Seit dem 20. September nimmt der syrische Staatsangehörige Suleiman Dakduk keine Nahrung mehr zu sich. Zwei Wochen später schlossen die beiden spanischen Staatsbürger Carlos Martinez und Fernando Perez, der Brite Simon Chapman [2] und der Grieche Spiros Tsitsas der Aktion an. Die fünf gehören zu einer Gruppe von 7 Inhaftierten, die von der Justiz beschuldigt werden, an gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rande der Proteste [3] gegen den EU-Gipfel Ende Juni in Thessaloniki beteiligt gewesen zu sein. Simon Chapman noch mit dem blauen Rucksack Insgesamt wurde gegen 29 Personen Anklage u.a. wegen schweren Landfriedensbruch erhoben. Während 22 Beschuldigte Haftverschonung erhielten, sitzen die 7 Globalisierungskritiker seit dem 21.Juni in Untersuchungshaft [4]. Doch die Anklagen stehen teilweise auf wackligen Füssen. So wird Simon Chapman beschuldigt, auf der Demonstration einen Rucksack mit Molotowcocktails mitgeführt zu haben. Mittlerweile wurde im griechischen Fernsehen ein Video [5] gezeigt, auf dem zu sehen ist, wie Polizisten Chapmann seinen blauen Rucksack bei der Festnahme gewaltsam entwenden und gegen einen schwarzen Rucksack austauschen [6]). In diesem werden dann die Molotowcocktails gefunden, auf die sich die Anklage gegen den Briten stützt. Angeblich behauptet die Polizei, dass Chapman keinen blauen Rucksack bei sich hatte Menschenrechtsgruppen wie Statewatch [7] befürchten, dass an den Angeklagten ein Exempel statuiert werden soll. "Die Justiz ist im Zugzwang. Die Auseinandersetzungen am Rande des EU-Gipfels haben weltweit Schlagzeilen gemacht. Jetzt müssen harte Urteile her. Schließlich richtet Griechenland im nächsten Jahr die olympischen Sommerspiele aus, gegen die schon Proteste [8] angekündigt sind", meint der Sprecher einer Athener Solidaritätsgruppe. Bei einem Schuldspruch drohen den Angeklagten nach Angaben der Anwälte Haftstrafen zwischen 7 und 25 Jahren. Für Suleiman Dakduk [9] könnte eine Verurteilung besonders gravierende Folgen haben. Er könnte dann in sein Heimatland Syrien ausgeliefert werden, wo demlangjährigen Oppositionellen die Todesstrafe droht. Die Hungerstreikenden haben zu Beginn der Aktion erklärt, dass sie vorverurteilt sind und sich von der Justiz keine Gerechtigkeit erwarten. Sie haben angekündigt, erst wieder Nahrung zu sich zu nehmen, wenn sie freigelassen werden. Die Regierung hat bisher nicht darauf reagiert. Inzwischen trifft sie Vorbereitungen für eine Zwangsernährung. So wurden die 5 kürzlich in deiner Nacht- und Nebelaktion in Krankenhäuser verlegt. Ihr Gesundheitszustand hat sich in den letzten Tagen verschlechtert. Mittlerweile hat sich auch in Griechenland eine breite Solidaritätsbewegung gebildet, die mit täglichen Demonstrationen, Kundgebungen und Kurzbesetzungen von Rathäusern, Behörden und Radiostationen auf die Situation der Gefangenen aufmerksam macht.
Links
[1] http://news.bbc.co.uk/1/hi/england/essex/3272203.stm [2] http://www.freesimonchapman.org/ [3] http://www.tesalonika2003.info [4] http://www.catbull.com/rechtshilfe/news/news.html [5] http://lists.indymedia.org/pipermail/imc-global/2003-July/001154.html [6] http://media.de.indymedia.org/2003/07/57569.shtm [7] http://www.statewatch.org/news/2003/nov/06greece.htm [8] http://edition.cnn.com/2003/WORLD/europe/11/16/greece.november.reut/ [9] http://www.indybay.org/uploads/second_letter_from_souleiman_dadouk.pdf |