ND vom 7.6.03Fast wie in alten Zeiten Berliner Volksuni diskutiert über Kriegspolitik und Sozialabbau
Von Peter Nowak
Wer in den nächsten Tagen den sommerlichen Temperaturen und dem Karneval der Kulturen trotzen will, könnte in Berlin bei der traditionsreichen Volksuni auf seine Kosten kommen. Unter dem Motto »Stupid White Order« werden am 6. und 7. Juni im Berliner DGB-Haus Diskussionsveranstaltungen und Workshops angeboten, die gerade nach dem Ende des Irakkrieges von großem Interesse sein dürften. Anders als in großen Teilen der Friedensbewegung sollen laut Veranstalter Kriegspolitik und Soziabbau zusammen diskutiert werden. Die geopolitischen Aspekte der Kriegspolitik werden ebenso untersucht wie die Folgen für Metropolen wie Berlin. Der Berlin-Hype der frühen 90er Jahre ist angesichts scheinbar leerer Kassen Depression und Ernüchterung gewichen, wird festgestellt. Man wolle es allerdings nicht bei der bloßen Auflistung von Kritikpunkten am Bestehenden belassen, betonen die Veranstalter. Wichtig sei, nach Gegenkräften zu suchen, die die Politik der Hochrüstung und des Sozialabbaus stoppen könnten. Die Ermutigung und Förderung von emanzipatorischer Politik war schon erklärtes Ziel der Volksuni, als sie sich Anfang der 80er Jahre im alternativen Westberliner Milieu gründete und schnell zu einer linken Institution wurde. Sie bot eine der wenigen Foren, wo traditionelle Linke und Anhänger der damals boomenden Alternativbewegung miteinander diskutierten. Nach 1989 geriet auch die Volksuni in die Krise. Prominente Mitstreiter aus dem universitären Bereich zogen sich zurück, darunter die Mitbegründer Wolf-Dieter und Frigga Haug. In den letzten Jahren stand gar die Existenz des linken Bildungswochenendes ganz in Frage. Man beschränkte sich aus finanziellen Gründen auf eintägige Veranstaltungen. In diesem Jahr knüpft das zweitägige Programm fast wieder an alte Zeiten an. Prominente Dozenten kann man sich allerdings nicht mehr leisten. So wird die bekannte indische Journalistin Arundhati Roy ihre Thesen nur per Video vorstellen. Doch dafür kommen viele Aktivisten aus den Kämpfen gegen Krieg und Sozialabbau zu Wort. |