FR vom 9.8.02 Der mächtigste Club Berlins Projekt soll Jungwähler an die Urnen locken
Von Peter Nowak (Berlin)
Ein Respekt gebietender junger Mann mit Ohrringen und Goldkette verhindert das Weitergehen. "Der mächtigste Club Berlins. Du bestimmst, wer reinkommt", heißt es daneben. Erst auf den zweiten Blick sind im Hintergrund der Reichstag und ein angekreuzter Wahlzettel zu erkennen. In wesentlich kleineren Schriftzügen wird dann die eigentliche Botschaft verkündet: "Wählen statt Warten, 22. 9. 02."
Mit diesem Plakat, das seit einigen Tagen in verschiedenen Berliner Stadtteilen zu sehen ist, stellt sich die "Wahlgang" erstmals der Öffentlichkeit. So nennt sich ein überparteiliches, von der Bundeszentrale für politische Bildung gestütztes Projekt, das rund 80 Politikstudenten der Freien Universität im vorigen Semester gegründet haben. Sie setzten sich das Ziel, möglichst viele Jungwähler für die Bundestagswahl zu motivieren. Kein leichtes Unterfangen in einer Zeit, da viele Umfragen gerade jungen Menschen um die 20 eine große Wahlmüdigkeit bescheinigen.
"Um die Jugendlichen zu erreichen, wollen wir sie bei ihren Alltagserfahrungen ansprechen", meinte ein Mitstreiter des Projekts. Neben dem Plakatmotiv mit dem Clubtürsteher hat sich die "Wahlgang" für die nächsten Wochen noch weitere jugendgemäße Werbemethoden ausgedacht. Mit einem Infomobil, vor dem Drinks und Musik angeboten werden, suchen sie vor Discos oder Schwimmbädern das Gespräch mit den Teenagern. Wenn die ersten Hürden überwunden sind, werden Handynummern von Jugendlichen eingesammelt.
Am 22. September werden sie dann per SMS von der "Wahlgang" über den Ort und die Öffnungszeiten ihres Wahllokals informiert. Davor stehen andere Veranstaltungen an, etwa ein Volleyballturnier unter dem Motto: Baggern für den Reichstag.
Ob die Jungwählermobilisierung bei der Klientel ankommt, können erst die Wahlstatistiker nach dem 22. September ermitteln. Im Internetforum (www.diewahlgang.de) überwiegen eher skeptische Töne. "Ich kenne echt viele Leute, die sich für Politik interessieren und auch Ahnung davon haben - und genau deswegen nicht zur Wahl gehen, sondern versuchen, außerparlamentarisch was zu machen", schreibt ein Ecki und bekommt dafür viel Zustimmung. Geraldine Debastian von der "Wahlgang" meint dazu: "Selbst eine ungültige Stimme ist ein kleiner Erfolg. Das ist besser als die Lethargie der Nichtwähler." |