Frankfurter Rundschau vom 18.08.2002 Keine Wahl, aber eine Stimme Flüchtlinge sagen bei Protestzug durchs Land ihre Meinung Von Peter Nowak (Berlin)
Unter den rund 400 Menschen, die am Samstag gemeinsam durch Bremen zogen, waren Nigerianer, Kameruner, Togoer, Nepalesen, Peruaner, Iraner, Türken. Eins ist ihnen gemeinsam. Sie leben teilweise seit vielen Jahren in Deutschland, haben bei der Bundestagswahl kein Stimmrecht und wollen trotzdem ihre Forderungen in die Öffentlichkeit bringen. "Wir haben keine Wahl, aber eine Stimme", hieß das Karawanen-Motto 1998 vor der damaligen Bundestagswahl. Auch in diesem Jahr hat sich ein Bündnis unterschiedlicher Gruppen für die Organisation einer antirassistischen Wahlkampftour bereit gefunden. Migrantengruppen gehören ebenso dazu wie Pro Asyl und kirchliche Arbeitskreise.
Am Samstag fiel in Bremen der Startschuss für die Karawane. Am Vorabend des Wahltages soll sie in Berlin enden. Dazwischen liegt für die aus mehr als 40 Teilnehmern bestehende Kerngruppe ein hartes Stück Arbeit. In mehr als 30 Städten wollen sie die Anliegen der Menschen zur Sprache zu bringen, die im Wahlkampf allzu oft als Sündenböcke herhalten müssen. Schließlich weiß nicht nur der Innenexperte der CDU/CSU, Günther Beckstein, dass man mit harten Worten gegen angeblich nicht anpassungswillige Ausländer Wählerstimmen sammeln kann. "Wir sind nicht stimmberechtigt, trotzdem profilieren sich manche Politiker gerade in Wahlkampfzeiten auf unsere Kosten", beklagte ein Flüchtling aus Togo.
Auch die flüchtlingspolitische Bilanz der rot-grünen Bundesregierung wird von der Karawane kritisiert. Die Situation für Flüchtlinge habe sich in Deutschland in den vergangenen Jahren verschlechtert. Scharfe Kritik gab es in Bremen etwa an der "Residenzpflicht", nach der Flüchtlinge eine Stadt nicht ohne Genehmigung verlassen dürfen. "Bewegungsfreiheit ist Menschenrecht", skandierte einer der Teilnehmer in Bremen. Keiner der Passanten, die eher skeptisch den Zug beobachteten, wollte ihm da widersprechen. |