ND 02.03.02Rasterfahndung vor dem Aus?
Tjark Sauer, Bundesvorsitzender des Bündnis linker und radikaldemokratischer Hochschulgruppen (LiRa).
ND: In den letzten Wochen gab es unterschiedlicher Urteile zur Rasterfahndung an den Unis. Wie sind die zu Stande gekommenen? Die juristischen Grundlagen sind in den Ländern eigentlich ähnlich. Wobei nicht in allen Ländern ein Richtervorbehalt in den Gesetzen steht. Es wird in den Polizeigesetzen jedoch in der Regel von einer notwendigen »gegenwärtigen Gefahr« gesprochen. Das heißt zumindest nach unserer Einschätzung und nach dem hessischen und dem Berliner Urteil, das eine Gefahr vorliegen muss, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten wird oder bereits eingetreten ist. Andernfalls lässt sich der massenhafte Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht nicht begründen. Dass das OLG Düsseldorf und das Verwaltungsgericht Mainz anders entschieden haben, hängt vermutlich mit dem politischen Interesse der Innenminister zusammen.
ND: Wird nicht in einigen Urteilen zur Rasterfahndung die Trennung zwischen deutschen und nichtdeutschen Kommilitonen zementiert? Die Gerichte fahren im Moment die Rasterfahndung offensichtlich »zurück«. Nur das OLG Düsseldorf hat in seiner Entscheidung zwischen deutschen und nichtdeutschen Studierenden getrennt. Grund- und Menschenrechte gelten offensichtlich nicht für unsere ausländischen Kommilitonen. Insgesamt kann man im Moment aber trotzdem nur von Teilerfolgen sprechen. Die Verfahren werden zwar zum Teil gewonnen aber die Innenminister der Länder reagieren darauf mit der Ankündigung der Gesetzesverschärfung.
ND: Wie soll von studentischer Seite weiter gegen die Rasterfahndung agiert werden? Inzwischen sind zu den Klagen in Hessen, Berlin und Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz noch zwei Klagen in Osnabrück und Bremen gekommen. Nur die Verfahren in Hessen und NRW sind im Prinzip fertig. Die Verfahren in den anderen Bundesländern sind noch in ersten Instanzen oder werden gerade von den Beschwerdeinstanzen behandelt. In Hessen ist zur Zeit eine Klage auf Löschung der Daten anhängig. Die Kommilitonen in NRW haben sich auf Grund des katastrophalen Urteils des OLG Düsseldorf dazu entschieden, eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Das Instrument der Rasterfahndung lag dem Bundesverfassungsgericht noch nicht zur Entscheidung vor. Zum anderen wird gerade vom »freien zusammenschluss von studierendenschaften« (fzs) und dem ReferentInnenrat der HU Berlin ein bundesweiter »Musterklagen-Reader« mit rechtlichen Grundlagen und Argumentationen für mögliche Klagen erstellt.
Interview: Peter Nowak |