Frankfurter Rundschau15.03.2002Einkaufen ohne Geld ist möglich
Von Peter Nowak (Berlin)
Einkaufen, ohne zu bezahlen - in Berlin, Hamburg, Bremen, Hannover und Dresden ist das kein Traum mehr. Dort haben seit einiger Zeit so genannte Umsonstläden ihre Pforten geöffnet, wo sich der Besucher den Blick in den Geldbeutel getrost sparen kann, bevor er zu in den Regalen feilgebotenen Gegenständen greift.
Das Prinzip der Umsonstläden ist denkbar einfach: Jemand bringt die Gegenstände vorbei, die noch in der Wohnung oder in Kellern lagern, nicht mehr so recht gebraucht werden, aber zum Wegwerfen trotzdem zu schade sind. Andere haben vielleicht gerade diese Gegenstände schon lange gesucht, aber kein Geld, um sie zu kaufen.
In Berlin, wo der Laden erst einige Wochen geöffnet hat, ist das Sortiment noch recht spärlich und erinnert an einen besser sortierten Flohmarkt. Im vorderen Ladenteil sind verschiedene Küchenutensilien gestapelt. Im hinteren Raum werden Klamotten, Bücher und Schallplatten angeboten. "Allerdings wurde auch schon ein funktionierender Computer vorbeigebracht"; meint Jens Hermann, der zu den Gründern und Koordinatoren des Berliner Verbraucher-Eldorados gehört. Kassiererinnen und Detektive werden nicht gebraucht, und Selbstverwaltung wird in der Philosophie der Umsonstladen-Bewegung groß geschrieben. Doch ganz ohne Regeln geht es auch dort nicht ab. Um zu verhindern, dass jemand gleich mit dem Umzugsauto vorfährt und den Laden leer räumt, darf jeder Besucher nur drei Utensilien mitnehmen.
Die gespendeten Gegenstände müssen noch in gebrauchsfertigem und sauberem Zustand sein. "Schließlich ist ein Umsonstladen keine Müllkippe" betont Hermann. Doch die meisten Ladennutzer, zu denen Menschen aller Altersgruppen zählen, haben andere Probleme. "Es ist so ungewohnt, einfach ohne zu bezahlen wegzugehen", meint eine ältere Frau, die sich im Berliner Umsonstladen zwei Kochtöpfe ausgesucht hat. "So reagieren viele, die das erste Mal hierher kommen", meint Hermann. Ihren Gewissensbissen kann abgeholfen werden. An der Tür steht eine Spendenbüchse. Mit dem Erlös werden laufende Kosten für Strom und Telefon beglichen.
Andere Kosten fallen in der Regel nicht an. Schließlich ist die Mitarbeit ehrenamtlich. Da die Läden meistens in Gebäuden von gemeinnützigen Vereinen oder Kirchen eingezogen sind, fällt keine Miete an. Das Interesse ist in letzter Zeit gewachsen. Während in Hamburg kürzlich schon der zweite und in Detmold der erste Umsonstladen eröffnet hat, suchen Interessierte aus Thüringen und dem Rhein-Main-Gebiet via Internet Handelspartner zur Eröffnung eines Ladens in ihrer Umgebung. |