Telepolis 19.4.02Aus der Erstarrung erwacht
Peter Nowak
Die US-Friedensbewegung meldet sich auf der Strasse und in Manifesten zu Wort
In der Regel sind es kriegerische Töne, die seit den Anschlägen vom 11.September über den Atlantik kommen. Doch es gibt auch andere Stimmen, die mit der Politik der Bush-Regierung nicht einverstanden sind. Morgen will sich die amerikanische Friedensbewegung mit einem [1]Marsch auf Washington zurückmelden. Zu der Manifestation, zu der landesweit mobilisiert wird, erwarten die Veranstalter bis zu dreißigtausend Teilnehmer.
Auf der Abschlusskundgebung soll ein breites Spektrum der [2]US-Friedensbewegung reden, u.a. der Sohn des berühmten Bürgerrechtlers Martin Luther King. Libero Della Piano vom Vorbereitungskomitee des Friedensmarsches betonte, dass es den Aktivisten nicht nur um eine Kritik an der Außenpolitik der USA, sondern auch um den Kampf gegen den Krieg nach innen geht. Deswegen lautet das Motto auch: "Stoppt den Krieg im In- und Ausland."
Aber nicht nur auf den Strassen verstärkt sich die Antikriegsopposition. Vermehrt melden sich auch wieder regierungskritische Intellektuelle zu Wort. So wandten sich kürzlich 150 US-Wissenschaftler in einem [3]Offenen Brief an die europäische Öffentlichkeit und kritisierten die kriegerische Außenpolitik der USA. Zu den Unterzeichnern gehören etwa [4]Judith Butler, [5]Paul M. Sweezy oder [6]Gore Vidal.
"Als Bürger der Vereinigten Staaten tragen wir eine besondere Verantwortung, uns dem Wahnsinn dieser kriegerischen Entwicklung zu widersetzen. Eine besondere Verantwortung fällt aber auch Ihnen als Europäer zu. Denn die meisten europäischen Staaten sind im Rahmen der NATO mit den USA militärisch verbündet. Die Vereinigten Staaten behaupten, der Krieg diene der Selbstverteidigung, aber zugleich auch, er werde zum Schutz der "Interessen ihrer Verbündeten und Freunde" geführt. Ihre Länder werden zwangsläufig in die militärischen Abenteuer der USA hineingezogen werden. Auch Ihre Zukunft ist in Gefahr!"
In dem Text werden die von US-Regierungsangehörigen geäußerten Begründungen für den Krieg entschieden hinterfragt, etwa auch die These von der legitimen Selbstverteidigung der USA nach den Anschlägen:
"Dieses 'Recht auf Selbstverteidigung' galt natürlich nie für Länder wie Vietnam, Laos, Kambodscha, Libyen, Sudan oder Jugoslawien, wenn diese von den USA bombardiert wurden."
Der Aufruf ist eine direkte Antwort auf die [7]Erklärung von 58 konservativen und liberalen Intellektuellen, die sich im März unter dem Motto "Nächstenliebe verlangt Gewaltanwendung" hinter die Politik ihrer Regierung gestellt und den gerechten Krieg legitimiert hatten.
Links
[1] http://www.unitedwemarch.org/ [2] http://www.justiceandsolidarity.org/ [3] http://www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/USA/intellektuelle2.html [4] http://www.theory.org.uk/ctr-butl.htm [5] http://cepa.newschool.edu/het/profiles/sweezy.htm [6] http://www.pitt.edu/~kloman/vidalframe.html [7] http://(www.uni-kassel.de/fb10/frieden/regionen/USA/intellektuelle1.html |