FR-vom 4.07.02"Schrill-Partei" sucht keine Wege aus dem Reformhaus Künstlerprojekt tritt zur Bundestagswahl an
Von Peter Nowak (Berlin)
Ein Künstlerprojekt will mit schriller Politsatire an den Wahlurnen erfolgreich sein "Ein Schrill, ein Wort!" und "Geben Sie uns ihre Unterschrift, und wir geben Ihnen unsere Wahlversprechen", lauten die Slogans der Schrill-Partei, die als "heimatverbundene, rechtstreue Interessengemeinschaft lebensbejahender Landsleute" zur nächsten Bundestagswahl antreten will.
Von der ebenfalls zur Bundestagswahl kandidierenden Schill-Partei trennt diese Formation neben einem "r" politisch eine Menge. Wer die Web-Seite dieser Partei unter www.schrill-partei.de anklickt, merkt spätestens auf den zweiten Blick, dass hier die aktuelle Politszene gekonnt parodiert wird. So heißt es in der Rubrik Schrill-intern im Stil des Satire-Magazins Titanic: "Die in den Medien angekündigte Rede von Rüdiger Schrill dreht sich natürlich nicht um das Thema ,Wege aus dem Reformhaus', sondern um ,Wege aus dem Reformstau'. Offensichtlich haben die Herren von der Presse was an den Ohren."
Der Hamburger Pressesprecher der Schrill-Partei, Manuell Tessloff, mag das Label Spaßpartei allerdings nicht. "Wir sind ein Projekt von Künstlern aus dem Video- und Internetbereich, die etwas gegen die Politikverdrossenheit machen wollen." Als Koalitionspartner für Rot-Grün könnte er sich seine Partei schon vorstellen. "Aber das ist nicht realistisch", so Tessloff nicht ohne einen Schuss Ironie.
Schließlich hat man sich parteiintern zunächst auf ein bescheidenes Wahlziel festgelegt, das Projekt 1,8 Prozent. Das reicht zwar bekanntlich nicht für einen Einzug ins Parlament. Doch Wahlkostenrückerstattung wäre der Partei dann sicher. Damit will die Partei verschiedene Kunstprojekte finanziell unterstützen. So soll unter anderem ein Kurzfilm produziert werden.
Zunächst muss die Partei aber die vom Wahlgesetz vorgeschriebenen Formalitäten, wie die Gründung von Landesverbänden und die Sammlung von Unterstützungsunterschriften, absolvieren. Statt teurer Plakataktionen werde man verstärkt das Internet für den Wahlkampf nutzen, versichert Tessloff. Von einen Personenwahlkampf hält man in der Schrill-Partei wenig. Nur der Parteigründer Rüdiger Schrill zeigt im Internet Gesicht.
Für Übertritte aus anderen Parteien ist man bei der Schrill-Partei durchaus offen. Besonders willkommen wäre der Gründer der nach der letzten Bundestagswahl aufgelösten Partei "Chance 2000". "Bisher hat Christoph Schlingensief bei uns allerdings noch nicht angefragt", versichert Tessloff. |