TELEPOLIS21.02.2002Indymedia under Attack
Peter Nowak
Razzia gegen globalisierungskritische Internetzeitung in Italien
"Indymedia under Attack" lautete die Überschrift einer [1]Presseerklärung, mit der italienische [2]Indymedia-Aktivisten die bisher [3]größte Durchsuchungsmaßnahme in der kurzen Geschichte des globalisierungskritischen Internet-Netzwerks kommentierten.
In den Morgenstunden des [4]20. Februar stürmten schwerbewaffnete Carabineris mehrere Zentren in Florenz, Turin, Bologna und Taranto sowie den Sitz der linken Basisgewerkschaft [5]Cobas. Alle durchsuchten Objekte wurden von der Polizei und der für die Durchsuchungsaktion federführenden Genueser Staatsanwaltschaft als "Indymedia-Büros" bezeichnet. Ebenfalls von der Polizeiaktion betroffen war die unabhängige römische Radiostation [6]Onda Rossa, die jetzt akut von der Schließung bedroht ist, nachdem ihr auch vom Kommunikationsminister Maurizio Gasparri von der Alleanza Nazionale die Sendegenehmigung für ihre Frequenz entzogen wurde.
Bei der Aktion, bei der nach Augenzeugen Hunderte von paramilitärischen Polizisten im Einsatz waren, wurden unter anderem Computer und Videos sowie Archivmaterial beschlagnahmt. Die Aktion stand im Zusammenhang mit den Protesten der Globalisierungskritiker gegen das G8-Treffen im Juli 2001 in Genua. Gesucht wurden Fotografien, Videokassetten und Audiobänder, auf denen die Erstürmung des Indymedia-Centers und der Polizeiangriff auf die in der Diaz-Schule schlafenden Globalisierungskritiker dokumentiert ist ( [7]Angriff auf unbequeme Journalisten in Genua). Nach Indymedia-Italien wurden jedoch viele Materialien beschlagnahmt, dei mit dem G8-Treffen gar nichts zu tun haben.
In den [8]Durchsuchungsbefehlen heißt es, dass auf den Webseiten von Indymedia Italien die gesuchten Materialien gesammelt würden und daher in den durchsuchten Büros zu finden seien. In der Presseerklärung von Indymedia-Italien wird die Aktion als massive Einschränkung der Meinungsfreiheit verurteilt. Die gesuchten Informationen seien wie bei Indymedia üblich alle im Netz frei verfügbar. Außerdem wird die Existenz von Indymedia-Büros bestritten. Sie würden dem dezentrale Konzept des Internet-Netzwerks widersprechen. "Indymedia sind wir alle", heißt es kurz und bündig in der Erklärung.
Die Aktion gegen Indymedia wird als Rache der Regierung für die kritische Berichterstattung nach den Polizeiübergriffen von Genua interpretiert. Schließlich hat nicht zuletzt die schnelle Vorortberichterstattung dazu beigetragen, dass die Übergriffe nicht unter den Teppich gekehrt werden konnten. Zur Zeit ermitteln italienische Staatsanwälte in mehreren deutschen Städten in dieser Angelegenheit ( [9]Die Mühlen der Justiz).
Die Maßnahme gegen die unabhängigen Medien ist ein Indiz für die Zunahme repressiver Elemente in der italienischen Innenpolitik. Bedenklich ist die Aktion auch deswegen, weil Berlusconi bereits weitgehend die italienischen Medien kontrolliert ( [10]Berlusconi und die italienischen Medien). |