Telepolis 29.03.2002 Nun marschieren sie wieder Peter Nowak
Auf den Ostermärschen soll gegen Terror und Krieg protestiert werden
Ab Heute ist es wieder so weit. Friedensbewegte aus allen Teilen der Republik werden sich bis Montag in mehr als 40 Städten zu den [1]Ostermärschen versammeln, um gegen den Krieg, für Abrüstung oder noch allgemeiner für den Frieden zu demonstrieren. Trotz des leicht angestaubten Images und des seltsamen Namens, die Ostermärsche gehören seit mehr als 40 Jahren ebenso zu den Feiertagen wie die Suche nach den versteckten Ostereiern.
Den Ostermärschen ist schon mehr als einmal die Totenglocke geläutet worden. Sie sind ein Produkt des Kalten Krieges, als sich hochgerüstete Militärblöcke gegenüber gestanden haben. Von Großbritannien aus breiteten sich die Ostermärsche für Frieden und Abrüstung Anfang der 60er Jahre auch in Westdeutschland aus. Weil sich neben Christen und Pazifisten auch Mitglieder der verbotenen KPD an den Aktionen beteiligten, wurden die Ostermärsche damals als staatsgefährdend eingestuft. Nicht nur die Adenauerregierung, auch die oppositionellen Sozialdemokraten und die Gewerkschaften blieben zu den Ostermärschen auf Distanz.
Doch dann änderten sich die Zeiten. Mit dem Anwachsen der Studentenbewegung schienen sich die biederen Ostermärsche selbst überlebt zu haben. Am Ende der 70er Jahre erstarkte die Friedensbewegung erneut und die Ostermärsche erlebten eine unverhoffte Renaissance. Dafür hat vor allem die [2]Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Europa beigetragen, die von breiten Kreisen der Bevölkerung als große Gefahr für den Weltfrieden betrachtet wurde.
Mit dem Ende des Kalten Kriegs schien die Gefahr einer atomaren Vernichtung der Menschheit gebannt. Doch bald sollte sich zeigen, dass jetzt konventionelle Kriege wieder leichter geführt werden konnten. Mit dem Jugoslawienkonflikt ist der Krieg auch wieder in Europa zurück gekehrt. Die Ostermarschierer wandten sich immer tapfer gegen diese Kriege, doch anders als vor 20 Jahren fanden sie damit in letzten Jahren kaum Gehör.
In diesem Jahr erhoffen sich die Organisatoren vor allem Zulauf, weil nach den Anschlägen in den USA die Militarisierung der Außenpolitik in rasanten Maße zugenommen hat. Wie in den Hochzeiten des Kalten Krieges wird wieder von bösen Mächten geredet, der Einsatz von Atomwaffen steht zur Diskussion und der Militärhaushalt steigt enorm. Umfragen zeigen, dass die Angst vor dem Krieg in der Bevölkerung wieder gewachsen ist. Trotzdem ist noch völlig offen, ob die Ostermärsche in dieser Situation neuen Zulauf bekommen werden. Denn die Bereitschaft zum politischen Engagement ist in den letzten Jahren nicht gerade gewachsen.
Doch selbst unter engagierten Antimilitaristen ist die Stoßrichtung der Ostermärsche nicht unumstritten. Sie beschränken sich auf die allgemeine Verdammung von Kriegen, reflektieren aber die Veränderungen in der Politik der letzten Jahre zu wenig, lautet die Kritik. So steht auch in diesem Jahr die Verurteilung der Politik der USA im Mittelpunkt. Der deutsche Regierung werde lediglich vorgeworfen, dass sie sich davon nicht genügend distanziere. Völlig ausgeblendet werde, dass Deutschland sehr wohl eigene außenpolitische Interessen hat, die auch im Widerspruch zu der Politik der USA und anderer NATO-Staaten stehen können, wie der Jugoslawienkonflikt zeigt.
Der Vorwurf, die Militärpolitik des eigenen Landes nicht mit der gleichen Entschiedenheit zu verurteilen wie die Politik der USA, wird von Ostermarschveteranen wie [3]Andreas Buro allerdings entschieden zurück gewiesen. Der Mitorganisator des ersten Ostermarsches von 1960 wendet sich ausdrücklich gegen eine deutsche Militärpolitik, die alle Beschränkungen und Hemmungen abgelegt hat, die ihr nach dem 2. Weltkrieg auferlegt wurde. Doch Buro muss auch bedauernd feststellen, dass der große Aufschrei der Bevölkerung ausbleibt. Daran wird auch der Ostermarsch wenig ändern können. Die von der Friedensbewegung angekündigten Proteste gegen den im Mai geplanten Besuch des US-Präsidenten Bush in Deutschland dürften auf jeden Fall wesentlich mehr Medieninteresse wecken als die Ostermärsche.
Links
[1] http://www.friedenskooperative.de/termdat.htm [2] http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/NeueHerausforderungen /Kanzlerwechsel/natoDoppelbeschlussBody.html [3] http://www.fechenbach.de/web/produkte/showbuchlang.php3?bestnr=6790 |