nd vom 23.11.02NATO-Gipfel
Von Peter Nowak, Prag
In den tschechischen Medien war vor dem NATO-Gipfel eine wahre Hysterie ausgebrochen. Gewalttäter würden die Stadt heimsuchen. Die Demonstrationen verliefen jedoch völlig friedlich.
Rund 2000 Personen zogen durch die Prager Innenstadt, um gegen den NATO-Gipfel in der Stadt zu demonstrieren. Die Teilnehmer kamen überwiegend aus anarchistischen und libertären Gruppen, wie an den mitgeführten Transparenten deutlich wurde. Auf dem Leittransparent stellten tschechische Antifa-Initiativen einen Zusammenhang zwischen den Protesten gegen die NATO in Prag und dem Widerstand gegen Globalisierung und Neoliberalismus her. Die Demonstration wurde ohne die zuvor in den Medien erwarteten Ausschreitungen beendet. Selbst die Polizei musste zugeben, dass der einzige Zwischenfall ein brennender Mülleimer auf der Marschroute war. Doch der war nicht von Demonstranten angezündet worden, sondern hatte wegen einer glimmenden Zigarettenkippe Feuer gefangen. Eine Gruppe osteuropäischer NATO-Gegner aus Polen, Slowenien und Bulgarien trug ein großes Transparent mit dem Motto: »NATO und EU raus aus Osteuropa«. In ihren Flugblättern erklärten sie, dass sie nicht zu »Sklaven der NATO« werden wollen. Die Demonstration war auch sehr stark von antikapitalistischen Parolen geprägt. »No-Border«-Gruppen skandierten Sprüche gegen das europäische Grenzregime. Anders als bei Antikriegsdemonstrationen in Deutschland stand nicht die USA als Hauptfeind am Pranger. Die europäischen Länder und die EU wurden ebenso verurteilt. Eine trotzkistische Gruppe musste in deutlichem Abstand ihre eigene Demonstration veranstalten. »Aus historischen Gründen« gebe es eine starke Trennung zwischen egalitären und autoritären Linken, so ein Mitveranstalter. Im Vorfeld wurden mit den möglichen Ausschreitungen die massiven Überwachungen der letzten Tage begründet. Während der Demonstration hielt sich die Polizei allerdings weitgehend zurück und beschränkte sich auf das Regeln des Straßenverkehrs. Es gab noch weitere, kleinere antimilitaristische Aktionen in der Stadt. Während der Aktionstage sendete auf der Welle 100,5 ein Piratenradio NATO-kritische Informationen und versuchte damit, ein Gegengewicht zur offiziellen Prager Presse zu liefern. Die hatte sich weitgehend selbst gleichgeschaltet. Während die NATO nicht kritisiert wurde, kamen die Gegner darin nur als potenzielle Gewalttäter in vor. |