Frankfurter Rundschau vom 29.11.02Kauf nichts!
Zeichen gegen Konsumrausch im Advent vorgeschlagen
Von Peter Nowak (Berlin)
"Süßer die Kassen nie klingen als zur Weihnachtszeit." Zum ersten Advent wird ein erster Massenandrang in Deutschlands Einkaufszentren erwartet. In Berlin kann es den Kaufwütigen am morgigen Samstag allerdings passieren, dass sie über Pappschilder mit menschlichen Umrissen gehen müssen. "Gehen Sie auch über Leichen?" lautet die provokante Frage auf einem Transparent. "Mit dieser Aktion wollen wir die Menschen zu kritischem Konsumverhalten animieren", meint Geraldine de Bastion vom Jugendnetzwerk "Narra", das zu den Organisatoren des "Buy Nothing Day" (Kauf-nichts-Tag) gehört.
Vor mehr als einem Jahrzehnt wurde diese Bewegung von der New Media Foundation, einem Netzwerk kritischer Werbefachleute aus Kanada, ins Leben gerufen und breitete sich rasch auch in den USA aus. Am letzten Donnerstag im November, einen Tag nach dem amerikanischen Thanksgiving Day, sollte ein Kontrapunkt zum Kaufrausch großer Teile der Bevölkerung stehen. Wie in mittlerweile über 50 Ländern wurde in diesem Jahr auch in Deutschland erstmals zum Tag des Kaufverzichts aufgerufen. "Wir haben bewusst den ersten Advent gewählt, weil dann die Jagd nach immer mehr Waren in die letzte Runde geht", meint William Millar, der die temporäre Kaufverweigerung auch in Europa verankern will.
In Berlin, Frankfurt und München sind am Samstag Straßentheater und Happenings vor Einkaufszentren geplant. In Berlin wird schon am Vortag mit Filmen, Lesungen und Podiumsdiskussionen Konsumkritik auf theoretischer Ebene geübt. Die Organisatoren sind optimistisch, dass weitere Städte in den nächsten Jahren folgen werden. Man sieht sich im Trend. Während in den 90er Jahren unter Jugendlichen ein regelrechter Run auf Markenartikel zu beobachten gewesen sei, gehe heute der Trend eher zu "No Logo". |