neues deutschland vom 30.11.02 Gewerkschafter gegen Irak-Krieg Aufruf beinhaltet auch Kritik an der DGB-Spitze
Von Peter Nowak
Mit der Bildung eines Anti-Kriegs-Netzwerk erhält die Friedensbewegung nun auch von der Gewerkschaftsbasis Unterstützung. Mit dem Beginn der Waffeninspektionen in Irak ist die Gefahr eines Krieges keinesfalls beseitigt. Darauf stellt sich auch die Antikriegsbewegung ein, die schon für den 14. Dezember zu bundesweiten Aktivitäten gegen einen drohenden Irakkrieg aufruft. Anders als in vielen europäischen Nachbarländern war der Anteil der aktiven Gewerkschaftler, die im Kampf gegen den Krieg aktiv waren, in Deutschland bisher gering. Das könnte sich in Zukunft ändern. Ein »gewerkschaftliches Netzwerk gegen den Krieg« mit Sitz im Gewerkschaftshaus von Frankfurt (Main) hat innerhalb kurzer Zeit rund 1300 Unterschriften unter einem Text gesammelt, der für eine Wende zu einer antimilitaristische Politik Partei ergreift. Statt weiterhin Millionen und Abermillionen für Rüstungsprojekte zu verschwenden, sollen die Gelder für soziale Projekte verwendet werden, wird eine populäre Parole der alten Friedensbewegung in den 80er Jahren aufgegriffen. Kein Wunder, unter den Unterzeichnern befinden sich neben Betriebsräten, gewerkschaftlichen Vertrauensleuten und Gewerkschaftssekretären auch viele Aktivisten aus der Antikriegsbewegung der BRD. Schwerpunkt des Aufrufs ist aus aktuellen Gründen der Widerstand gegen einen Irakkrieg. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre gewachsene Rolle in der Weltpolitik zu nutzen, um zur Deeskalation beizutragen und sich für die Stärkung völkerrechtlicher Regelungen einzusetzen. Konsequenterweise wird in dem Aufruf jegliche Beteiligung deutscher Soldaten am so genannten Anti-Terror-Kampf abgelehnt. Auch Spürpanzer in Kuweit wären demnach sofort abzuziehen. Statt militärischer Gewalt setzten sich die Unterzeichner des Aufrufs für zivile Konfliktlösungen ein und berufen sich dabei ausdrücklich auf das gültige Programm des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Der Aufruf ist auch eine Kritik an der Politik der DGB-Führung. So vermisst die gewerkschaftliche Friedensinitiative in den Wahlprüfsteinen, die der DGB-Vorstand vor den Bundestagswahlen an alle Parteien geschickt hat, eine Erwähnung des Themas Krieg und Frieden. Auch in allen Erklärungen nach den Bundestagswahlen blieb es ausgespart. Das ist nicht verwunderlich, wenn man die Nähe der DGB-Führung zur SPD kennt. Der gewerkschaftlichen Initiative allerdings geht es nicht um parteipolitische Rücksichtnahmen. »Wir wünschen uns eine kämpferische Gewerkschaft sowohl in sozialen Fragen als auch in dem Widerstand gegen jede Kriegspolitik«, erklärte ein Sprecher. Die Resonanz ist groß. Wenn sich der Konflikt um Irak zuspitzt, könnte die Unterstützung noch wachsen. |