junge Welt18.04.2001Kampf um Ausbildung Ein in Bielefeld lebender Flüchtling sieht sich als Opfer von rassistischem Mobbing _________________________________________________________________
Kian Talebi ist aufgeregt, wenn er über seine vergeblichen Versuche berichtet, in Deutschland eine Ausbildung zu absolvieren. Dabei hat der in Bielefeld lebende anerkannte Flüchtling aus dem Iran viel versucht, um sich hier beruflich zu qualifizieren. Der schwer sehbehinderte Mann war deshalb sehr froh, als er 1997 am Bildungszentrum im bayerischen Veithöchstheim bei Würzburg eine Ausbildung zum Telekommunikationsoperator beginnen konnte. Kian Talebi wurde die Freude an der Ausbildung schnell vergällt. Er spricht von erheblichen Kommunikationsschwierigkeiten mit einigen Lehrkräften. Am Ärgsten trafen ihn anonyme Drohbriefe und Beleidigungen einiger Mitschüler. Einige Zeichnungen hat er gesammelt. »Perser gibt Acht - Persien wird platt gemacht«, heißt es da beispielsweise. Unter dem Bild einer nackten Frau steht: »Für Perser - damit Du weißt, wie eine deutsche Frau aussieht«. Seine Beschwerden seien von der Schulverwaltung ignoriert worden. Auch die Aussage eines Mitschülers, er hasse Perser aus privaten Gründen, blieb ohne Folgen.
Talebi hingegen mußte die Ausbildung überraschend abbrechen, da bei ihm eine »behandlungsbedürftige Persönlichkeitsstörung vorliege«, wie es in einem Schreiben des Ausbildungszentrums heißt. »Allerdings wurde ich zu keinem Zeitpunkt von einer Fachkraft diesbezüglich untersucht, noch hat die Diplompsychologin mit mir darüber vorher gesprochen«, empört sich Talebi. Er fühlt sich regelrecht gemobbt. Ein danach auf eigenen Wunsch des jungen Mannes angefertigtes psychiatrisches Gutachten des Klinikums Bethel konnte keine psychische Erkrankung bei Talebi feststellen.
Im bayerischen Ausbildungszentrum gibt man sich zugeknöpft - mit Hinweis auf die gesetzliche Schweigepflicht. In die rechte Ecke aber will man sich keinesfalls schieben lassen. »Wir sind nicht rechtsradikal. Erst kürzlich hatten wir in unserer Schule ein Konzert zugunsten des Neonazi- Aussteigerprojekts >Exit< organisiert«, betonte eine Sprecherin des Zentrums.
Doch dem Wunsch des Flüchtlings nach Fortsetzung seiner Ausbildung will man nicht nachkommen. »Eine erneute Aufnahme des Herrn Talebi in das Berufsförderungswerk Würzburg müssen wir jedoch ablehnen«, heißt es lapidar in einem Schreiben. Talebi schaltete mehrere Anwälte ein, um gerichtlich die Fortsetzung seiner Ausbildung einzuklagen. Das von ihm gewünschte Berufsziel hänge an einem erfolgreichen Abschluß, begründet er seine Hartnäckigkeit. Unterstützung bekommt Talebi mittlerweile vom Bielefelder Bundestagsabgeordneten Rainer Wend (SPD) und dem Bielefelder Flüchtlingsrat. »Herr Talebi hat ein schwieriges Schicksal hinter sich und ihm ist durch einen beruflichen Weiterbildungsträger in Bayern sehr übel mitgespielt worden«, schreibt Wend.
Doch Talebis juristische Bemühungen haben jetzt einen herben Rückschlag erlitten. Die für eine Fortsetzung des Klageweges dringend benötige Prozeßkostenhilfe ist ihm verweigert worden. Talebi, dem nach Angaben von Bekannten die ganze Angelegenheit auch gesundheitlich zu schaffen macht, versteht die Entscheidung nicht: »Ich will doch nur verhindern, daß anderen das gleiche wie mir geschieht«, erklärt er sein Handeln.
Peter Nowak |