junge Welt01.03.2001 Comeback für Rechtsterroristen Italien: Nicht nur die offen rechtsterroristische Forza Nuova (FN) schürt Rassismus und Antisemitismus _________________________________________________________________
Eine Familientragödie in der norditalienischen Kleinstadt Nori Ligure wurde Ende Februar zum Politikum. Als nach einem Doppelmord zunächst Albaner der Tat verdächtigt wurden, schwappte eine Welle des Rassismus durch das Land. Nachdem jedoch klar wurde, daß die Täter aus dem engsten Familienkreis kamen, mußte ein von der Lega Nord geplanter Fackelzug gegen weiteren Ausländerzuzug abgesagt werden.
Daß die norditalienischen Separatisten mit Rassismus erfolgreich auf Stimmenfang gehen, ist nicht neu. Erst kürzlich wurden an einer Raststätte in Norditalien mehrere Marokkaner von Neonazis mit Knüppeln und Messern schwer verletzt. In den Fußballstadien von Verona und Rom werden seit Jahren farbige Spieler ausgepfiffen und mit rassistischen Parolen beleidigt. Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, erließ die Regierung in Rom Anfang 2000 eine Verordnung, nach der das Zeigen rassistischer und antisemitischer Parolen in Stadien Sanktionen für den betreffenden Verein nach sich zieht. Zuvor hatten Fans in Rom ein Transparent mit der Parole »Auschwitz euer Vaterland; die Öfen eure Häuser« aufgehängt.
Diese Radikalisierung ist unter anderem auch der Tatsache zuzuschreiben, daß die Führungskader der neofaschistischen Forza Nuova (FN), Roberto Fiore und Massimo Morsello, offenbar gute Kontakte zu den römischen Fans unterhalten. Beide haben sich als zu hohen Haftstrafen verurteilte Köpfe der in den 80er Jahren aktiven rechtsterroristischen Terza Posizione zehn Jahre als Justizflüchtlinge in Großbritannien aufgehalten, wo sie als Informanten des britischen Geheimdienstes MI5 vor Auslieferung sicher waren und mit Unterstützung vermögender Gönner ein Wirtschaftsimperium aufbauten. Die Gewinne aus einer Kette von Jugendhotels und Reisebüros verwendeten sie nach ihrer Rückkehr nach Italien für den Aufbau der FN.
Nach einem Bombenanschlag auf die römische Redaktion der linken Tageszeitung Il Manifesto wird unterdessen ein Verbot der FN erwogen. Der Attentäter Andrea Insabato, der sich bei dem Anschlag selbst verletzte, hatte enge Kontakte zur etwa 2 500 Mitglieder starken FN. Die 1998 gegründete Organisation hat mit Kampagnen gegen Migration, Abtreibung und Kriminalität Stimmung gemacht.
Die FN will bei den anstehenden Parlamentswahlen als unabhängige rechte Kraft kandidieren und hofft vor allem auf die Stimmen der vom bürgerlichen Kurs der Alleanza Nazionale (AN) enttäuschten Faschisten. Obwohl die FN Wahlabsprachen mit dem rechten Wahlbündnis des Medienmoguls Silvio Berlusconi ablehnt, gibt es vielfältige Verbindungen zu den rechten Parlamentsparteien. So nahmen führende FN-Funktionäre im August 2000 an der Konferenz »Abtreibung - Der Völkermord des 20.Jahrhunderts« teil, wo sie gemeinsam mit Vertretern der AN und christlichen Rechten die »Familie als Bastion einer gesunden Gesellschaft« beschworen und gegen Schwule und Lesben hetzten. Und FN- Funktionäre trafen sich auf rechten Sommeruniversitäten mehrfach mit Politikern von Lega Nord und AN zu Strategiedebatten.
Peter Nowak |