FR vom 14.11.01Weißer Fleck Afrika Am Otto-Suhr-Institut wird ein Kontinent ausgeblendet
Von Peter Nowak
BERLIN. Professor Kum'a Ndumbe ist ein viel beschäftigter Mann. Seine Lehrveranstaltungen über afrikanische Geschichte und Gegenwart sind immer überfüllt. Statt dreißig drängen sich schon mal mehr als hundert Kommilitonen in den viel zu engen Hörsaal. Auch nach Ende der Seminare hat der aus Kamerun geflohene Gelehrte noch viel zu tun. Viele Studierende wollen mit ihm noch weiter diskutieren. Doch trotz des großen Zuspruchs ist nicht sicher, ob Kum'a Ndumbe in Berlin weiter lehren wird. Schließlich bekommt er im laufenden Wintersemester keinen Pfennig für seine Lehrtätigkeit an der Freien Universität (FU).
Schon in den vorherigen Semestern verfügte Kum'a Ndumbe weder über ein Sekretariat noch eine wissenschaftliche Hilfskraft. Der Grund: Im Budget des Otto-Suhr-Instituts (OSI) ist für Afrikastudien kein Geld mehr vorgesehen. Bis 1995 gab es noch einen Lehrstuhl für Afrikapolitik am OSI. Doch seit der neue Strukturplan in Kraft ist, liegen die Schwerpunkte des OSI in der Asienforschung. "Die Afrikastudien sollen an die Humboldt-Universität abgegeben werden. Doch auch dort wäre der afrikanische Kontinent nicht Gegenstand politikwissenschaftlicher, sondern ethnologischer Betrachtungen", meint Eric Van Grasdorff.
Der Politologiestudent gehört zu der Gruppe von Kommilitonen, die sich dafür einsetzen, dass Afrikaforschung wieder im OSI-Lehrplan verankert wird. Mit einer Unterschriftensammlung an der FU soll dieser Forderung Nachdruck verliehen werden. Dafür hat er persönliche Gründe: "Ich habe im gesamten Studium nicht so viel gelernt wie in den Vorträgen von Professor Ndumbes".
Aber der Hauptgrund für sein Engagement hat bildungspolitische Gründe: "Es ist ein Unding, dass am größten Institut für politische Wissenschaft der afrikanische Kontinent einfach ausgeblendet wird." So sieht es auch Professor Kum'a Ndumbe: "Afrika ist für Politikwissenschaftler bislang kein relevantes Thema."
Deshalb hat Ndumbe ein Konzept für einen fünfjährigen Studiengang unter dem Titel "Afrikanische Renaissance, Entwicklung, Zusammenarbeit und Konfliktlösung" entwickelt, das jetzt in den FU-Gremien beraten wird. In diesem Studiengang sollen Studenten ausgebildet werden, die später als Fachleute in Politik und Entwicklungszusammenarbeit gefragt sind.
Bisher überwiegt auch bei diesen Entscheidungsträgern eine eurozentrische Sichtweise. Aber es ist völlig offen, ob an der FU das Konzept, das nach Ndumbes Vorstellung eine wissenschaftliche Brücke zwischen Afrika und Europa bilden könnte, angenommen wird. Der Politologieprofessor Hajo Funke, der dem Fachbereichsrat angehört, unterstützt die Bemühungen des Professors aus Afrika, verweist allerdings auf die angespannte Finanzsituation. "Ob eine bezahlte Gastdozentur für Herrn Ndumbe möglich ist, muss sich zeigen." Dahinter steckt auch die Furcht, dass andere Fachbereiche neue Forderungen stellen, wenn nachträglich Mittel für die Afrikaforschung bewilligt werden.
Nun hoffen die Ndumbe-Unterstützer auf eine Zwischenlösung. Ndumbe soll weiterhin am OSI lehren, seine Dozentur aber von der Humboldt-Universität bezahlt werden. Über die Erfolgsaussichten will sich niemand äußern. Scheitert dieser Versuch, "müsste ich mein Konzept anderen Universitäten außerhalb Deutschlands anbieten", kündigt Ndumbe an. |