junge Welt 07.03.2001 »Wir müssen das nicht begründen« Deutsches Generalkonsulat: Kein Visa für türkische Menschenrechtler _________________________________________________________________
»Hungerstreik gegen Folter und Isolationshaft - Verschärfte Repression gegen die gesamte Opposition« lautet der Titel einer Informationsveranstaltung, mit der am Mittwoch abend die Darmstädter Unterstützungsgruppe für die politischen Gefangenen in der Türkei, der DGB Kreis Starkenburg und der AStA der FH Darmstadt über die Menschenrechtssituation in der Türkei nach dem blutigen Sturm des Militärs auf 20 Gefängnisse Ende Dezember informieren wollten. Doch zwei der geladenen Referenten werden heute fehlen. Sükran Agdas vom Angehörigenverein Tayad und der Istanbuler Rechtsanwalt Selcuk Kozagacli konnten nicht nach Darmstadt kommen, weil ihnen das deutsche Generalkonsulat in der Türkei die Einreisevisa verweigerte.
Obwohl die Veranstaltungsorganisatoren sich rechtzeitig um die erforderlichen Dokumente bemühten, kam vom deutschen Generalkonsulat eine Ablehnung. Weitere Nachfragen wurden mit dem Satz »Wir müssen das nicht begründen« verweigert. Als überraschende Entscheidung bewertete die PDS- Bundestagsabgeordnete Heidi Lippmann, an die sich die Veranstalter wandten, die Visaverweigerung. Bisher haben Menschenrechtler aus der Türkei stets ein Einreisevisum bekommen.
Selda Demiz vom Komitee gegen Isolationshaft (IKM) weiß von einer weiteren Verweigerung zu berichten. So konnte die Mutter der beim Sturm auf die Gefängnisse ermordete Nilüfer Alcan nicht wie geplant an einer Solidaritätsveranstaltung in Hamburg teilnehmen, weil ihr die Einreisepapiere verweigert worden waren. Jetzt wird vom IKM befürchtet, daß mit dieser Praxis der BRD-Behörden Informationen über die Situation in den Gefängnissen und über die Situation der Menschenrechte insgesamt verhindert werden sollen.
Das Darmstädter Veranstaltungsbündnis wird die geplante Veranstaltung heute auf jeden Fall durchführen. »Wir haben uns im Februar als vierköpfige Delegation über die Menschenrechtssituation in der Türkei informiert und werden diese Informationen auf der Veranstaltung vermitteln«, erklärte ein Sprecher.
Peter Nowak |