Neues Deutschland vom 18.1.01Eventhopping oder Widerstand vor Ort
Globalisierungsgegner wollen sich am Wochenende in Düsseldorf vernetzen
"Widerstand weltweit organisieren!" lautet der Titel einer bundesweite Konferenz, zu der am kommenden Wochenende Initiativen und Gruppen in die Düsseldorfer Fachhochschule einladen, die hierzulande gegen kapitalistische Weltwirtschaft und Neoliberalismus arbeiten. Doch der großspurige Titel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade in Deutschland eine kontinuierlich arbeitende Bewegung zu diesen Themen bisher kaum wahrnehmbar ist. Das ist im Ausland anders. Die Massenproteste gegen das WTO-Treffen in Seattle im Herbst 1999 waren die Geburtsstunde für eine neue internationale Protestbewegung. Seitdem sieht sich jedes größere Treffen internationaler Finanz- und Kapitalinstitutionen von einer bunten Bewegung konfrontiert, die mit Witz und Phantasie ihren Widerstand auf die Straße trägt. Die letzten Protesthöhepunkte war das IWF-Treffen im September und der EU-Gipfel in Nizza im Dezember letzten Jahres. Doch die Aneinanderreihung immer neuer Protest-Highlights hat schon längst die Kritiker auf den Plan gerufen. "Wenn der alltägliche Widerstand vor Ort fehlt, sind die Gipfelproteste nicht mehr als ein Event-Hopping von wenigen mit genügend Geld und Zeit ausgestatteten Aktivisten" brachte Mirijam Fischer von der Initiative People Globale Action (PGA) auf einem Treffen in Berlin diese Einwände auf den Punkt. Eine Kritik, der sich die Globalisierungsgegner auf ihren Vernetzungstreffen am Wochenende stellen wollen. Die Zersplitterung der deutschen Protestszene machte sich auch bei der Vorbereitung des Treffens bemerkbar. Ehemalige Anti-Expo-Initiativler, die sich nach dem Ende der Weltausstellung neuen politischen Aufgaben widmen wollen, internationalistisch ausgerichtete People Global Action-Aktivisten und Anhänger der Zapatistas aus Mexiko mußten sich in den letzten Wochen für die Konferenz erst mühsam zusammenraufen. So gibt es gleich vier Aufrufe zum Düsseldorfer Treffen, die alle gleichberechtigt im Vorbereitungsreader abgedruckt sind. Für Außenstehende sind die politischen Unterschiede kaum nachvollziehbar. Schließlich gibt einige politische Grundsätze, die alle an der Konferenz beteiligten Gruppen teilen. Eine Stellvertreter- und Lobbypolitik wird abgelehnt. Deshalb wird auch das weltweite Agieren der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) kritisch betrachtet. Basisdemokratische und nichthierarchische Strukturen gehören ebenfalls zu den Essentials, der an der Konferenz beteiligten Gruppen. Diese Grundsätze sollen bei der Organisation des Wochenendkongress eine zentrale Rolle spielen. "Es wird keine mit Prominenten besetzte Podiumsrunden geben" erklärte eine Mitorganisatorin gebenüber ND.
Die von den verschiedenen beteiligten Initiativen angebotenen Arbeitsgruppen haben eine thematische Spannweite, die von der Rolle der "Freien Software" für eine gesellschaftliche Emanzipation bis zu Solidaritätsveranstaltungen mit der Opposition in Mexiko und Kolumbien reicht. Doch neben tagesaktuellen Themen soll auf der Konferenz Raum für grundsätzliche Visionen des politischen Kampfes geboten werden. "Schließlich müssen wir trotz den vielen bekämpfenswerten Events der Herrschenden mal innehalten und über unsere Arbeit nachdenken" heißt es im Vorwort des Veranstaltungsreaders. Für viele Teilnehmer dürfte sich der nächste Protestevent direkt an den Kongress anschließen. Ende Januar wollen Globalisierungsgegner das World-Ecomic-Forum (WEF) im schweizerischen Davos stören. |