junge Welt06.09.2001Antifa für die Postmoderne Neue Zeitschrift stellt sich den Fragen zur Perspektive der antifaschistischen Bewegung _________________________________________________________________
Beim Titelblatt blieb man ganz stilecht. Ein mit einem schwarzen Tuch vermummter Jugendlicher - das Motiv, mit dem klassische Antifaplakate gestaltet werden. Ansonsten aber wirkt die Zeitschrift Phase 2 eher wie ein postmodernes Zirkular. Die Idee zu diesem Projekt ist auf dem Antifa- Kongreß 2001 in Göttingen entstanden, auf dem zu Ostern der Versuch einer bundeseinheitlichen Organisierung von Antifagruppen zu Grabe getragen wurde. Da der Kongreß aber mehr als ein Abgesang auf die bisherige Politik sein sollte und man sich den Auftakt zu neuen Perspektivdiskussionen auf die Fahnen geschrieben hatte, mußte es irgendwie weitergehen. Was lag da näher, als es mal mit einem Zeitungsprojekt zu versuchen. Schließlich muß es nicht gleich zu Spaltungen führen, wenn konträre Meinungen aufeinanderprallen.
Der Titel ist Programm: In Göttingen wurde eine erste Phase der antifaschistischen Mobilisierung beendet. Mit der Zeitschrift soll nun, so hofft man, eine zweite, eine neue Phase beginnen. Eigentlich hätte sie auch »Phase 0« heißen können, denn nach mehr als zehn Jahren gemeinsamer Arbeit und einiger nicht ganz erfolgloser Kampagnen scheint die Antifabewegung wieder am Nullpunkt zu stehen. »Der Kongreß hat gezeigt, daß inhaltliche Diskussionen über Positionen und Strategien der radikalen Linken dringend vonnöten sind, der strukturelle Rahmen dafür aber fehlt«, schreiben die anonymen Autoren der phase zwei, leipzig. Auch die Bonner Verfasser einer fünfseitigen kurzen Geschichte der AA/BO bleiben vage. »Die AA/BO hat durchaus einiges erreicht. Die Erkenntnis, daß differenziert konzipierte Bündnisarbeit, Öffentlichkeitsarbeit und gemeinsames Vorgehen unverzichtbare Bestandteile linksradikaler Politik sein müssen, hat sich durchgesetzt.« Ziel müsse nun die »Schaffung einer neuen linksradikalen Organisation« sein.
Daß dieser Anspruch in absehbarer Zeit eingelöst werden kann, bleibt nach der Lektüre der Zeitschrift fraglich. Zu groß ist die postmoderne Beliebigkeit in vielen Artikeln. Da wird »die RAF als Gespenst mit Seele« beschworen. Unter dem Pseudonym »Postpunk« liest man viel über den allgemeinen Weltschmerz von Bürgerkindern vor der Volljährigkeit. Zum Glück sind solche auch noch schlecht geschriebenen Ergüsse in der Zeitung die Ausnahme.
Eloquent und politisch radikal wie immer geht dagegen der Hamburger Publizist Thomas Ebermann mit Deutschland ins Gericht. Der marxistische Politologe Michael Heinrich erläutert faktenreich die verschiedenen Facetten der Antiglobalisierungsbewegung. Beide lieferten Gastbeiträge. Sie werden jedoch bestimmt nicht für neue Organisierungsprozesse zur Verfügung stehen.
Interessante, wenn auch nicht neue Überlegungen zum Verhältnis zwischen Antifaschismus und Antirassismus hat eine Arbeitsgruppe des Leipziger Bündnis gegen Rechts (BgR) zu Papier gebracht. Die Phase 2 aus Leipzig setzt sich kritisch mit einigen aktuellen Entwicklungen der in die Krise geratenen Antifabewegung auseinander. Während eine Fraktion um das Antifaschistische Infoblatt auf breite Bündnisse mit der Zivilgesellschaft setzt, propagieren andere Strömungen einen Rückzug auf radikale Kritik ohne jeden Praxisbezug. Keine guten Aussichten also für eine linke Bewegung. So bleibt Phase 2 eine gut gestaltete Zeitschrift, die richtige Fragen aufwirft und Diskussionen anzettelt. Bleibt zu hoffen, daß die erste Ausgabe nicht die letzte war.
Peter Nowak |