Neues Deutschland vom 17.12.01Erneuter Anti-Kriegs-Protest Rund 2000 Demonstranten folgten einem Aufruf des Aktionsforums Berlin
Von Peter Nowak Berliner Protest gegen den Krieg in Afghanistan ND-Foto: Burkhard Lange Zunächst begann die große Suche. Ein Teil der Kriegsgegner fand die Demonstration am Samstagnachmittag in Berlin zwischen Weihnachtseinkäufern und feiernden Fußfallfans nicht auf Anhieb. Die Polizei hatte die Auftaktkundgebung vom ursprünglich geplanten Alexanderplatz auf die Straße hinter das Forum-Hotel verlegt. Man wolle das Weihnachtsgeschäft nicht beeinträchtigten, lautete die Begründung. So fanden sich erst spät rund 2000 Menschen auf der vom Aktionsforum Berlin, einem Zusammenschluss von globalisierungskritischen Organisationen, Friedens- und Migrantengruppen sowie Gewerkschaftlern, angemeldeten Demo ein. Die Organisatoren sprachen von 3000 Teilnehmern. Ursprünglich war allerdings per Presseerklärungen mit bis zu 10000 Demonstranten gerechnet worden. Angesichts der winterlichen Witterung verringerte sich die Zahl der Teilnehmer während der Demonstration noch einmal, so dass nur 1000 an der Abschlusskundgebung in Wedding teilnahmen. Eine Gruppe in weißen Anzügen hatte sich die Hände rot angemalt. »Das soll das Blut an den Händen von Politikern symbolisieren«, erklärte ein Sprecher per Megafon. Andere zeigten das Bild von US-Präsident Bush mit der Aufschrift »Schuldig - für die Zerstörung Afghanistans«. Zu den Demonstranten sprachen auch die Bundestagsabgeordneten Gregor Gysi (PDS) und Annelie Buntenbach (Grüne). Gysi erklärte, Krieg sei kein Mittel zur Bekämpfung des Terrorismus, sondern schaffe immer neue Probleme. Seiner Überzeugung nach wäre die Gestaltung einer gerechteren Weltwirtschaftsordnung die beste Maßnahme im Kampf gegen Terror. Buntenbach wurde als »eine der vier aufrechten Grünen, die im Parlament gegen den Krieg stimmten«, mit Vorschusslorbeeren bedacht. Sie verurteilte die Anschläge in den USA, kritisierte die Kriegshysterie und den massiven Abbau demokratischer Rechte, mit dem die Bundesrepublikaner seit dem 11. September konfrontiert sind. Ein Vertreter der palästinensischen Gemeinde in Berlin beklagte die massiven Verschlechterungen für sein Volk sowohl in Europa als auch im Nahen Osten. Ein Vertreter der türkischen Migrantenorganisation AGIF berichtete, wie die Türkei im Windschatten der Terrorhysterie gegen Oppositionelle vorgehe. So seien hungerstreikende Gefangene und ihre Angehörigen immer wieder Repressalien ausgeliefert. Der ehemalige Landesvorsitzende der IG-Medien von Baden Württemberg Werner Pfennig betonte den Zusammenhang zwischen Krieg und Sozialabbau (Interview mit Pfennig auf Seite 4). Der Sprecher des Aktionsforum Berlin, Sascha Kimpel, beklagte gegenüber ND, dass die PDS-Basis dieses Mal nur schwach vertreten war: »Es gibt keine Alternative zum Aufbau einer außerparlamentarischen, antimilitaristischen und sozialen Opposition«, meinte Kimpel. Auf der Abschlusskundgebung wurde bekannt, dass eine Initiative am Samstagnachmittag in Berlin-Mitte ein seit Jahren leerstehendes der Gewerkschaft ver.di gehörendes Haus besetzte. Das Vorhaben, dort ein soziales Zentrum entstehen zu lassen, wurde schon im Ansatz vereitelt. Ein Großaufgebot der Polizei räumte das Haus und nahm mindestens sechs Personen fest. Die Aktion war Teil des Internationalen Aktionstages, zu dem Globalisierungskritiker anlässlich des EU-Treffens in Brüssel aufgerufen hatten. Allerdings fand er in Deutschland nur wenig Resonanz. |