Frankfurter Rundschau 4.10.01Auf der Suche nach Höchstpotenzialen
Von Peter Nowak
BERLIN. Harvard, Stanford, Massachusetts . . . - die Namen dieser US-amerikanischen Universitäten haben unter jungen Akademikern weltweit einen guten Klang. Doch wer kennt schon in Indonesien, Malaysia oder Südkorea die Humboldt-Universität Berlin oder die Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg? Das könnte sich ändern. Ein illustrer Kreis von Bildungspolitikern, Universitätsangehörigen und Vertretern der Wirtschaft traf sich im "Haus der Wirtschaft" in Berlin, um über Hochschulmarketing als internationaler Standortfaktor zu debattieren.
Marketing fängt vor der eigenen Haustür an, meint Burkhard Rauhut, Rektor der Technischen Universität Aachen, die breite Nachwuchsförderung betreibt. Für Acht- bis Zehnjährige werden "Nachmittage für Kids" organisiert, um sich spielerisch mit technischen Geräten vertraut zu machen. Für die 15- bis 18-Jährigen gibt es "Science Nights" in Labors. Nach dem Experimentieren darf man im Labor übernachten.
Um sich bekannt zu machen, fährt der "RWTH Science Truck" vor den Schulen vor. Dieser Infobus mit der Aufschrift "Karriere beginnt bei uns" will durch das Vorführen von Experimenten das Interesse der Kinder und Jugendlichen wecken. Mit Stolz stellt Rauhut das Förderprogramm für junge Frauen und Mädchen vor. Auch ein neuer Studiengang, der Kommunikationswissenschaften mit Naturwissenschaften kombiniert, gehört zum Aachener Marketingkonzept.
Für Rauhut ist die Ausschöpfung sämtlicherRessourcen im Inland die Grundlage dafür, um den Wissenschaftsstandort Deutschland auch im Ausland attraktiv zu machen. Dabei schlägt er ein strategisches Konzept vor: "Wenn wir die jungen Akademiker erst einmal für Europa interessiert haben, können wir sie auch nach Deutschland holen."
Das ist auch das Ziel von "Gate", eines Konsortiums für internationales Wissenschafts- und Hochschulmarketing, das von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gegründet wurde und inzwischen mehr als 100 Hochschulen und Forschungseinrichtungen als Mitglieder gewonnen hat. DAAD-Generalsekretär Christian Bode skizziert die Aufgaben von Gate so: "Wir gehen auf die Suche nach den High-Potentials." Die konzertierte Aktion für den Bildungs- und Forschungsstandort Deutschland schließt gemeinsame Internetauftritte ebenso ein wie eine gemeinsame Präsentation auf internationalen Bildungsmessen. Da habe man schon Beachtliches geleistet, meint der HRK-Präsident Klaus Landfried.
Doch manche deutschen Hochschulen seien für den internationalen Konkurrenzkampf noch gar nicht reif, meinte Sebastian Turner, Geschäftsführer der Marketingagentur Scholz & Friends Berlin. Mit seiner Kritik an der "Jammermentalität" mancher Universitäten zog er sich den Unmut mancher Hochschul-Repräsentanten zu. Doch viele Wirtschaftsvertreter stimmten ihm zu. Sie forderten auch, endlich den "ideologischen Ballast" der letzten Jahrzehnte ganz abzutragen. Dazu gehörte für sie ein Bekenntnis zur Einführung von Studiengebühren und Eliteförderung. "Man darf das Wort heute wieder erwähnen", meinte der Unilever-Geschäftsführer Peter Barz.
Von verschiedenen Seiten wurde die schnelle Verabschiedung eines Einwanderungsgesetzes angemahnt. Die gegenwärtigen Regelungen würden alle Bemühungen um mehr Attraktivität des Bildungsstandorts Deutschland erschweren. |