Neues Deutschland vom 18.7.01Weltweit Freiheit für Mumia Abu-Jamal gefordert Solidaritätskundgebung in Berlin / Gerichtstermin in Philadelphia
Von Peter Nowak
Elektrischer Stuhl inmitten Berlins – Solidaritätsaktion für Abu-Jamal ND-Foto: Burkhard Lange Ein Gerichtstermin gestern in Philadelphia im Fall des zum Tode verurteilten schwarzen Bürgerrechtlers Mumia Abu-Jamal war Anlass für weltweite Solidaritätsaktionen – auch in Berlin, wo sich zu Beginn einer Dauerkundgebung rund hundert Teilnehmer einfanden. Die zahlreich durch Berlins Kulturmeile »Unter den Linden« bummelnden Touristen blickten am Freitagnachmittag erstaunt. Vor einer riesigen USA-Fahne mit schwarzem Flor ist ein elektrischer Stuhl nachgebaut. Der deutsch-amerikanische Publizist Victor Grossman erklärte die Bedeutung dieser Installation in unmittelbarer Nähe der mit Stacheldraht gesicherten USA-Botschaft. Es handele sich um einen Beitrag zum internationalen Solidaritätstag für Mumia Abu-Jamal. Der afroamerikanische Journalist und linke Aktivist sollte nach dem Willen der amerikanischen Politik und Justiz schon längst auf einem solchen Stuhl hingerichtet werden, so Grossman. In einem umstrittenen Indizienprozess war er 1982 zum Tode verurteilt worden. Eine internationale Protestbewegung konnte die für 1995 terminierte Hinrichtung aufschieben. Endgültig vom Tisch ist sie aber noch lange nicht. In der letzten Zeit war es stiller um ihn geworden. Zu Unrecht, meint Grossman: »Mumias starke Gegner wollen weiterhin seinen Tod.« Dabei müssten die Chancen des Gefangenen eigentlich gewachsen sein, nachdem Arnold Beverly unter Eid ausgesagt hat, er habe 1981 den Polizisten Daniel Faulkner erschossen. Die nur aus Weißen zusammengesetzte Jury hatte allerdings 1982 Mumia Abu-Jamal für den Tod des Polizisten verantwortlich gemacht und den linken politischen Aktivisten zum Tode verurteilt.Doch die entlastende Aussage wurde vom zuständigen Richter Yohn bisher ignoriert. Er dürfe laut Gesetz nicht über Mumias Schuld sondern ausschließlich darüber befinden, ob die verfassungsmäßigen Rechte des Angeklagten während des Prozesses verletzt wurden, so Yohns zynische Begründung. Gestern beriet eine Gerichtsinstanz in Philadelphia, ob Beverlys Aussage in Sachen Abu-Jamal etwas ändert und daher doch im Verfahren berücksichtigt werden müsse. Diese Anhörung wurde von der Solidaritätsbewegung zum Anlass für den internationalen Mumia-Aktionstag genommen.Unter den zahlreichen Rednern der Dauerkundgebung in Berlin befand sich auch der PDS-Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner, der die Unterstützung seiner Partei für die Mumia-Solidaritätsbewegung betonte. Für künstlerische Beiträge sorgte unter anderem die Sängerin Bettina Wegner, die sich schon seit Jahren für die Freilassung des Bürgerrechtlers einsetzt. Auch vor den USA-Botschaften in Paris und Rom wurde gestern demonstriert. In Philadelphia und San Fransisco sind Tausende Menschen für Mumia auf die Straße gegangen. Eine Live-Schaltung aus den USA soll im Laufe des Tages die Demonstranten in Berlin über das Geschehen in und außerhalb des Gerichtssaals informieren. Anders als zu Hochzeiten der Mumia-Solidarität waren es aber nur ca. hundert meist jüngere Menschen, die sich am frühen Nachmittag in der Nähe der US-Botschaft in Berlin eingefunden hatten. Doch die Veranstalter sehen die Aktion als Erfolg. »Schließlich ist in Berlin noch Sommerpause. Außerdem ermöglicht die siebenstündige Dauer der Kundgebung, dass Menschen zu unterschiedlichen Zeiten an der Aktion teilnehmen können« so eine Organisatorin. |