junge Welt20.03.2001 Die Leichen des Fujimori-Regimes Peru: Regierung will Auslieferung des Ex-Präsidenten erreichen _________________________________________________________________
In Peru werden im wahrsten Sinne des Wortes die Leichen aus dem Keller des Fujimori-Regimes geholt. Unter großer Medienpräsenz wurden jetzt die ermordeten Mitglieder jenes MRTA-Kommandos exhumiert, die im April 1998 von Militärs erschossen worden waren. Zuvor hatte das Guerillakommando mehrere Monate die japanische Botschaft in Lima besetzt gehalten, um auf die Situation der unter unmenschlichen Bedingungen in Haft gehaltenen politischen Gefangenen aufmerksam zu machen.
Von Anfang an war bekannt, daß die Guerilleros erschossen worden waren, nachdem sie sich schon ergeben und die Waffen niedergelegt hatten. Der damalige Präsident Alberto Fujimori ließ sich fotografieren, wie er kurz nach dem Sturm auf die Botschaft triumphierend auf die toten Körper der Ermordeten trat. Er glaubte damals, seine Politik der harten Hand und des kurzen Prozesses sei in weiten Teilen der Bevölkerung populär. Doch Umfragen einer linksliberalen peruanischen Wochenzeitung zeigten, daß sich selbst auf dem Höhepunkt der Botschaftsbesetzung die überwiegende Mehrheit der Befragten für eine Verhandlungslösung des Konflikts aussprach. Insgesamt 42 Prozent sahen in der MRTA eine anerkennenswerte Guerilla und widersprachen damit der offiziellen Lesart, die in den Botschaftsbesetzern lediglich Terroristen und Kriminelle sah.
Das plötzliche Interesse an den toten Guerilleros hat vor allem innenpolitische Gründe. Die peruanische Übergangsregierung möchte den Ex-Präsidenten Fujimori vor Gericht stellen. Doch der hatte vorgesorgt und in Japan Zuflucht gesucht. Mittlerweile betont er seine japanische Herkunft und hofft, so von einer Auslieferung verschont zu bleiben.
Solange die peruanische Regierung nur wegen unzähliger Korruptionsfälle ermittelte, schien der Ex-Präsident tatsächlich von der Auslieferung verschont. Das könnte sich ändern, wenn Fujimori wegen der Ermordung der Guerilleros die Verantwortung übernehmen müßte - so das Kalkül der peruanischen Ermittlungsbehörden. Auch Fujimoris rechte Hand, der Sicherheitschef Montesinos, ist bisher erfolgreich der peruanischen Justiz entwischt. Vor einigen Monate habe er mittels einer Gesichtsoperation in Caracas sein Aussehen verändert, heißt es in Peru. Allerdings scheint es dort eine undichte Stelle gegeben zu haben. Auch das neue Outfit von Montesinos wird schon öffentlich auf Steckbriefen verbreitet.
Währenddessen werben die Anhänger Fujimoris mit ihrem Idol und Wahlsendungen. Ihr Stimmenanteil beträgt nach Umfragen jedoch gegenwärtig unter drei Prozent. Dafür ist ein Polit-Dinosaurier der 80er Jahre wieder auf die politische Bühne Perus zurückgekehrt, der ehemalige peruanische APRA- Präsident Alan Garcia. Wegen grassierender Korruption verlor er 1990 die Wahlen gegen Fujimori und lebte im Exil. Nach dem Ende Fujimoris versucht die populistische APRA- Bewegung, in Peru nun wieder Fuß zu fassen. Durch die Zerschlagung sämtlicher linken Widerstandsbewegungen unter dem Fujimori-Regime scheint das möglich. Tatsächlich gibt es keinen linken Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen im April. Neben dem APRA-Kandidaten haben sich zwei rechte Populisten ohne jede Programmatik in Stellung gebracht. Da ist zum einen der ehemalige Weltbank-Funktionär Alexandro Toledo, der schon als Oppositionskandidat gegen Fujimori die Wahlen wahrscheinlich gewonnen hatte. Die Ergebnisse wurden nachträglich manipuliert. Auf den zweiten Platz hat sich mit Lourdes Flores eine weitere Populistin geschoben. Von ihr sind nur Wahlversprechungen bekannt. Wahlauftritte der als besonders unternehmerfreundlich geltenden Flores wurden von Armenviertelbewohnern in den letzten Wochen teilweise militant verhindert.
Peter Nowak |