junge Welt22.02.2001 Warum Protest gegen die Atlantische Akademie? jW sprach mit Carsten Ondreka vom Internationalen Komitee gegen Isolationshaft _________________________________________________________________
*** »Fünf Jahre Atlantische Akademie: Keine Jubelfeiern für die US- und NATO-Strategen! Null Toleranz für Folter und Morde in den Gefängnissen!« lautet das Motto einer Kundgebung am heutigen Donnerstag um 17 Uhr vor dem Theodor-Zink-Museum in der Steinstraße in Kaiserslautern.
F: Sie protestieren heute gegen die Atlantische Akademie. Was verbirgt sich hinter dieser Einrichtung?
Das ist eine Einrichtung, die sich, ähnlich den Amerikahäusern in größeren Städten, der Akzeptanzwerbung für die US-Politik sowie der transatlantischen Partnerschaft (NATO) verschrieben hat. Dies tun sie mit Seminaren über das US-»Rechtssystem« und transatlantische Fragen oder Kulturprogrammen. Darüber hinaus hat der Standort in Kaiserslautern noch eine besondere Bedeutung. Die US- und NATO-Air-Base in Ramstein ist gerade einmal 20 km entfernt. Dieser Stützpunkt ist einer der wichtigsten Umschlagplätze für den Nachschub der KFOR- und SFOR- Einheiten. Außerdem sind in der Westpfalz kriegswichtige Einrichtungen der NATO gebündelt. So befindet sich hier auch das Warrior Preparation Center, in dem Luftkriegsszenarien im Computer simuliert und Bombardements, wie die gegen Jugoslawien und den Irak, geplant und vorbereitet werden.
F: Schwerpunkt Ihres Protestes ist aber die Solidarität mit Mumia-Abu-Jamal und den todesfastenden Gefangenen in der Türkei. Wo ist der Zusammenhang mit der Atlantischen Akademie?
Die rassistische Praxis der Todesstrafe in den USA und die Tatsache, daß die USA schon zehn Tage vor den Massakern in den türkischen Gefängnissen von der bevorstehenden Aktion wußten und daraufhin, statt zu protestieren, aus Angst vor Anschlägen ihre Einrichtungen besonders schützen ließen, ist Grund genug, vor die Atlantische Akademie zu ziehen. Außerdem ist die Praxis der Isolationshaft Teil der NATO- Struktur im Kampf gegen die eigene Opposition.
F: Der Aufruf »Keine Jubelfeiern für die US- und NATO- Strategen« könnte auch aus den 80er Jahren stammen. Ist es heute nicht so, daß die Bundesrepublik durchaus eigene imperialistische Interessen auch im Dissens mit den USA formuliert?
Klar, wir bestreiten nicht das Gewicht Deutschlands als Führungsmacht in Europa. Die BRD ist darüber hinaus aber auch Mitglied der NATO und somit an deren Politik gebunden. Daß die Europäer, inklusive der deutschen Regierung, und die USA immer wieder mit der restlichen Welt »Guter Bulle, böser Bulle« spielen, wird z. B. wieder am Streit um das Raketenabwehrsystem (NMD) deutlich. Die Amis legen vor und die Europäer spielen die Bedenkenträger und lullen damit die Kritiker des Projektes ein. Ähnliches sieht man auch im Zusammenhang mit der Integration der Türkei in die Bündnisstrukturen der EU.
F: Wer trägt die Kundgebung? Was ist geplant?
Die Kundgebung wird vom Kaiserslauterer Teil des Internationalen Komitees gegen Isolationshaft und der Gruppe »Zentralkomitee«, die Teil des bundesweiten Mumia- Bündnisses ist, getragen. Es wird Redebeiträge zum aktuellen Hungerstreik/Todesfasten in der Türkei und zur Situation von Mumia Abu-Jamal geben. Mit den Beiträgen und lautstarken Parolen wollen wir die Politiker und NATO-Militärs, die im Gebäude der Atlantischen Akademie anwesend sein werden, auf die krassen Widersprüche zwischen der Menschenrechtsrhetorik der NATO-Gesellen und der blutigen Realität erinnern. Feierlichkeiten solcher Prägung dürfen nicht unwidersprochen hingenommen werden.
Interview: Peter Nowak |